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Anti-Korruptionsbehörde zu Parteispenden"Auf 50.000 Euro begrenzen"

Michael Koß von der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International über die größten Schlupflöcher bei Parteispenden. Er regt ein neues Kontrollgremium an.

Transparency International Deutschland fordert, dass alle Spenden ab 2.000 Euro öffentlich gemacht werden. Bild: dpa
Martin Rank
Interview von Martin Rank

taz: Herr Koß, Großspenden an Parteien müssen laut Gesetz sofort veröffentlicht werden. Doch mancher Spender mogelt sich daran vorbei. Ist das Gesetz zu lasch?

Michael Koß: Ja und nein. Das Gesetz schreibt vor, dass die Öffentlichkeit sofort erfahren soll, wenn jemand mehr als 50.000 Euro an eine Partei spendet. Diese Schwelle ist zu hoch angesetzt und lässt sich zudem leider leicht umgehen. Es ist ein Katz- und Mausspiel: Ich glaube nicht, dass es etwas bringt, nur das Gesetz zu verschärfen und sich dann zurückzulehnen. Es findet sich immer eine Lücke. Wie will man beispielsweise verbieten, dass eine Spende auf mehrere Familienmitglieder aufgeteilt wird? Ebenso wichtig wie strengere Regeln ist, dass sich die Bürger kritisch damit auseinander setzen.

Das ist aber kaum möglich. Der Bundestag veröffentlicht Spenden unter 50.000 Euro erst anderthalb Jahre später.

Ja, das ist ein Problem. Es sollten alle Spenden ab 10.000 Euro sofort veröffentlicht werden. Großbritannien macht vor, wie das geht: In Wahlkämpfen werden Spenden wöchentlich veröffentlicht, ansonsten vierteljährlich, und das sogar ab 1.000 Pfund.

Bei uns erfährt man von Spenden unter 10.000 Euro gar nichts.

Bild: Privat
Im Interview: 

MICHAEL KOSS (35), Politologe, leitet die Arbeitsgruppe Politik bei Transparency International Deutschland. Er promovierte über Parteienfinanzierung in Europa.

Die Grenze ist zu hoch. Transparency fordert, dass alle Spenden ab 2.000 Euro öffentlich gemacht werden. Denn im kommunalen Bereich kann diese Summe schon manche Tür öffnen.

Wie steht es um unsere Transparenz im europäischen Vergleich?

Wir liegen im oberen Mittelfeld. Vieles ist schon gut gelöst. Zum Beispiel bekommt eine Partei nur dann Geld vom Staat, wenn sie auch über Einnahmen aus Kleinspenden verfügt. In der Schweiz und in Österreich müssen Spenden überhaupt nicht veröffentlicht werden. Gut ist auch, dass in Deutschland der Staat Spenden nur dann finanziell unterstützt, wenn sie direkt an die Parteien gehen. Darum ist der Anreiz gering, einzelnen Abgeordneten Geldspritzen zukommen zu lassen.

Wir brauchen also keine schärferen Kontrollen der Parteifinanzen?

Kontrolle ist gut, aber man kann sie nicht einfach an ein Gremium delegieren und dann davon ausgehen, dass alles seine Ordnung hat. Im Moment haben der Bundestagspräsident und acht Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung die Verantwortung. Die Mitarbeiter durchforsten nicht von sich aus alle Spenden - sie reagieren vor allem auf Hinweise von außen. Es sollte auch die Aufgabe der Zivilgesellschaft sein, selbst nachzusehen - darum leisten wir uns eine Demokratie.

Selbst Bundestagspräsident Norbert Lammert hält es für eine unglückliche Regelung, dass er für die Parteifinanzen zuständig ist.

Es ist problematisch, weil der Bundestagspräsident selbst Parteipolitiker ist. Wir müssen diskutieren, ob man ein anderes Kontrollgremium einsetzen könnte, beispielsweise etwas wie den Bundesrechnungshof.

Warum können Parteien nicht ohne Spenden auskommen?

Das ist illusorisch, wenn man keine reine Staatsfinanzierung haben will. Die Mitgliedsbeiträge reichen nicht aus. Besonders in Deutschland haben die Parteien viele kostenintensive Aufgaben - rund zwei Drittel der Einnahmen geben sie für die Einbindung von Mitgliedern und für deren politischer Willensbildung aus. Man sollte die maximale Spendenhöhe aber begrenzen, auf 50.000 Euro. Zu große Spenden vermitteln den Eindruck, Politik sei käuflich.

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17 Kommentare

 / 
  • O
    Ott-one

    Es war schon immer so auf der Welt, Geld verdirbt den Charakter eines Menschen. Daran wird sich auch in hundert Jahren nichts ändern.

    Doch das Geld abschaffen, das würde nicht funktionieren, der Mensch ist geprägt immer mehr und besser sein als sein Mitmensch.Denn viel Reichtum bedeutet viel Macht.

  • F
    Fricke

    Herr Friedhelm Fetzer

     

    Auf den Punkt genau richtig. Selbst die Verfassungsrichter haben das Parteibuch. Also von wegen Demokratie, dies nur im Ansatz anzumehmen ist fatal.

    Die Ratifikation der UN Konvention gegen Korruption wird seit 8 Jahren von den Parteien gezielt verhindert.

    Leute wie Wulff und Gutenberg sind die Bauernopfer der wharen Regierung, der Banken und der Parteien Finanziers.

    GEMA GEZ SCHUFA SED Seilschaften Banken und Industrie bestimmen wo es lang geht.

    "Der Kluge lebt vom Dummen, der Dumme lebt von Arbeit"

    Dieser Bericht sagt alles: http://video.google.de/videoplay?docid=-2537804408218048195

     

    Fricke - 1star1.com Produzent

  • FF
    Friedhelm Fetzer

    Zumindest eine Partei (die ddp - Deutsche Demokratische Partei) macht auch den Vorschlag, Parteispenden zu verbieten. Besser ist es, Parteien durch geschlüsselte Zuwendungen zu helfen.

     

    Desweiteren will diese (Anti-)Partei die Macht der Parteien aber zurückdrängen: so soll jeder Abgeordnete im Bundestag/Landtag/etc. parteilos sein müssen., d.h. sofort nach der Wahl muss er austreten.

    Ausserdem kann es nicht sein, da Staatsanwälte, Richter, Beamte etc. Parteibücher haben oder sogar haben müssen, um Karriere zu machen. Schon Richard Weizäcker sprach vom "Würgegriff der Parteien". Die etablierten Parteien sind mittlerweile Teil des Problems, nicht deren Lösung. Somit müssen wir die Selbstbedienung stoppen.

  • T
    T.Euro

    @Garfield Sehr guter Vorschlag, alle Spenden wandern in einen großen Topf und werden von da an alle Parteien gleichmäßig verteilt.

  • JF
    Joe Finger

    Dieser Tage hören wir viel über Rating Agenturen die die finanzielle Gesundheit unter anderem von Staaten untersuchen und Noten geben.

    Von Pisa haben wir auch viel gelernt, lernen müssen!

    Liegt es nicht nahe uns einem umfassenden Demokratie-Stresstest zu unterwerfen? In gewissem Masse ist der EU Beitritt nur nach Bestehen eines rewissen Tests möglich (Die Erfüllung der Kriterien, wie wir wissen.) Die wäre vielleicht eine Basis für sich wiederholende Tests mit "Rating" Noten für die unterschiedlichen Bereiche.

  • H
    herbert

    Da die Mitgliedsbeiträge nicht ausreichen sollten die Parteien daran arbeiten für Mitglieder wieder attraktiver zu werden, aber das wäre wohl zu anstrengend.

     

    Zu große Spenden sind eine Säule des Lobbyismus, hinzu kommen die Nebentätigkeiten, die fehlende Karenzzeit bei einem Wechsel in die Wirtschaft oder die ganz banalen "kleinen Zuwendungen" von Freunden.

  • P
    pe00

    Wenn politische Parteien Geld vom Steuerzahler erhalten, verhält es sich so wie das päpstliche Konkordat Pius des Sechsten mit Hitler - einer Altlast aus dem Nazireich, beides gehört abgeschafft! Politische Parteien sind ebenso überholt und bestechlich wie die angeblich so selbstfinanzierten Kirchen mit ihren Milliardenvermögen - erraubt und erbeutet seit Jahrhunderten! Schneidet ihnen das Geld-Säckel ab, und sie sind tot!

  • V
    vantast

    Nicht zu vergessen die indirekte,voreilende Korruption durch Anbieten eines Guten Postens in den Armen der Wirtschaft.

  • HD
    Hugues de Fer

    Besser wäre es die Staatsfinanzierung der Parteien und die Diäten abzuschaffen, die Spenden sollten offengelegt aber nicht begrenzt werden. Das mit Staatsfinanzierung Politik transarenter würde und Lobbyismus verhindert - diese Vorstellung ist albern und naiv.

  • A
    Alexander

    @Hasso: Die großzügigen Spenden erklären sich durch die unsichtbare Hand des Marktes, die auf unerklärliche Weise Unternehmen dazu bringt, die anderen an ihrem Profit teilhaben zu lassen. Es lebe die freie Marktwirtschaft™!

     

    Amen

  • OM
    Otto Maier

    Jay Kay: Und welche Behörden sollen das in Deutschland sein? Ich kenne keine Antikorruptionsbehörde. Wie will diese auch agierenw enn sie immer Disziplinarvorgesetzte hat. Oder wenn das ganze dann bei einer Staatsanwaltschaft bzw. Gericht landet und der Staatsanwalt oder gar Richter gekauft ist. Das haben wir leider all zu oft in Deutschland. Bei einem Richter bin ich mir ziemlich sicher und auch alle Zuasammenhänge bzw. fianziellen verknüpfungen deuten darauf hin das er bzw. sie nicht ganz sauber ist.

  • F
    frank

    Wieso nicht ganz abschaffen?

    Mir will der Sinn von Parteispenden nicht ganz einleuchten. So ziemlich jede fällt doch unter die Kategorie "Korruption".

    Also wozu das ganze?

  • JF
    Joe Finger

    Dieser Tage hören wir viel über Rating Agenturen die die finanzielle Gesundheit unter anderem von Staaten untersuchen und Noten geben.

    Von Pisa haben wir auch viel gelernt, lernen müssen!

    Liegt es nicht nahe uns einem umfassenden Demokratie-Stresstest zu unterwerfen? In gewissem Masse ist der EU Beitritt nur nach Bestehen eines rewissen Tests möglich (Die Erfüllung der Kriterien, wie wir wissen.) Die wäre vielleicht eine Basis für sich wiederholende Tests mit "Rating" Noten für die unterschiedlichen Bereiche.

  • JM
    Jan Martin

    Man muss ja nicht auf den Gesetzgeber warten:

     

    "Wir möchten Sie jedoch darauf hinweisen, dass die Piratenpartei Deutschland die Empfehlungen von Transparency International Deutschland e.V. umsetzt. Danach werden Spenden von natürlichen Personen unter anderem im Internet veröffentlicht, wenn sie im Laufe eines Jahres auf Bundesebene 5.000 Euro, auf Länderebene 2.500 Euro und auf kommunaler Ebene 500 Euro erreichen."

  • G
    Garfield

    Demokratisch wäre ein Verbot direkter Parteispenden und dafür Spenden in einen Topf für politische Willensbildung ermöglichen, der gleichmäßig auf die Parteien verteilt wird, so daß der Spender nicht bestimmen kann, welche politischen Ziele durch seine Spende gefördert werden, sich aber sehr wohl für die politische Willensbildung im Land einsetzen.

  • H
    Hasso

    Wieso- vermitteln den Eindruck? Politik ist käuflich!Warum sollte denn ein Unternehmen Spenden, wenn es nichts davon hat? Und warum darf ein Beamter keine Geschenke annehmen? Mir kann doch keiner erzählen,dass z.B. Schröder und Clement nicht gekauft wurden. Und dass Westerwelle mit seinen 36-Nebeneinkünften nicht gekauft ist. Ein Unternehmen hat nichts zu verschenken.Mit dem ganzen Faktum wird nicht nur das Volk beschissen, sondern auch der Fiskus.

  • JK
    Jay Kay

    Transparency International ist eine Nichtregierungsorganisation und somit gerade keine Behörde (Behörde = Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt). Insofern ist der Titel irreführend, da es ja durchaus Anti-Korruptionsbehörden in Deutschland gibt, TI aber eben gerade dies nicht ist.