piwik no script img

Anti-Antirassisten beim DFBWeltmeister im Abkleben

Der Deutsche Fußballbund überklebt bei einem Spiel der U19-Junioren erneut ein Anti-Rassismus-Plakat, diesmal im Stadion von Hannover 96.

Ließ der DFB überkleben: das Anti-Rassismus-Plakat der 96-Fans Bild: imago

HAMBURG taz | Er hat es wieder getan: Knapp sechs Wochen nachdem der Deutsche Fußballbund (DFB) bei einem Training der DFB-Elf im Millerntor-Stadion die auf der Gegengerade angebrachte Losung „Kein Fußball den Faschisten“ teilweise abkleben ließ, und sich nach einem über den Verband hereingebrochenen Mediengewitter wortreich entschuldigen musste, outete er sich jetzt als Wiederholungstäter.

Beim Meisterschaftsspiel der U19-Junioren am vergangenen Wochenende ließ der DFB im Bundesliga-Stadion von Hannover 96 erneut ein Plakat abdecken, das gegen Fremdenfeindlichkeit Position bezieht. Das in die Südkurve integrierte Banner „96-Fans gegen Rassismus“ wurde vor dem Anpfiff unsichtbar gemacht.

Empörte Fans

Der DFB wurde in Hannover bereits während des Spiels von empörten Fans auf die Wiederholungstat aufmerksam gemacht. Unmittelbar nach der Partie kam es zu einem Austausch zwischen DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock und Mitgliedern des Arbeitskreises 96-Fans gegen Rassismus. „Wir haben den Fans erklärt, dass dem Stadion ein einheitliches Aussehen gegeben wurde und es dabei bedauerlicherweise auch zur Abdeckung dieser Botschaft gekommen ist“, räumt Sandrock Fehler seiner Organisation ein.

Nach dem Vorfall im Millerntor-Stadion Mitte Mai war die DFB-Pressestelle zunächst noch auf Tauchstation gegangen und hatte dann getwittert, man habe das Stadion „neutralisiert“. Später reichte der DFB dann die Begründung nach, man habe den Spruch „Kein Fußball für Faschisten“ abgeklebt, weil man vermeiden wollte, dass trainierende Spieler der deutschen Nationalelf unter den Worten „für Faschisten“ abgelichtet würden. Kleiner Schönheitsfehler der hinterher geschobenen Argumentation: Der Millerntor- Slogan lautet „Kein Fußball den Faschisten“. Die Rechtfertigung entpuppte sich damit als haltlos.

Die Abklebe-Aktion geriet für den DFB zum Image-Totalschaden. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach wurde nicht nur von Fußball-Fans aus ganz Deutschland, sondern auch von seinem Amtsvorgänger Theo Zwanziger, mit dem er in Dauer-Klinsch liegt, harsch kritisiert. Der ehemalige St.-Pauli-Profitorwart Benedikt Pliquett wütete gegen „die Alibihaltung des DFB im Kampf um Demokratie und Gleichberechtigung“ und die „Meinungslosigkeit und Gleichstellung im Profifußball“.

Schließlich entschuldigte sich Niersbach in aller Form beim FC St. Pauli für die „Neutralisierung“ des Millerntors. Die vom DFB initiierten antirassistischen Hochglanz-Kampagnen aber haben seitdem für viele Fußball-Fans einen Makel.

„Wir sind empört, dass der DFB aus dem Vorfall von St. Pauli nichts gelernt hat“, empört sich Silvia Müller vom Arbeitskreis 96-Fans gegen Rassismus, der die halbherzige Entschuldigung des DFB nicht akzeptieren mag. „Wenn das innerhalb so kurzer Zeit passiert“, findet Müller, „kann das einfach kein Versehen sein.“

Damit sich die Wiederholungstat nicht schon bald erneut wiederholt, schlägt Müller vor, dass der DFB vor den Spielen mit den Fanbeauftragten sprechen und klären sollte, „ob es Botschaften gibt, die nicht abgehängt werden“ dürfen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Immer wieder ist bei diesem Thema von politischen Botschaften die Rede. Rassismus ist meines Erachtens nicht zwangsläufig an Politik gekoppelt. Er ist eher eine gefährliche Verirrung, der auf allen Ebenen entgegengetreten werden muss.

  • Ich will weder im Stadion noch im Kaufhaus, der Schule, am Arbeitsplatz, im Bus usw. mit politischen Parolen jeglicher Art belästigt werden. Dafür gibt es Veranstaltungen, Demonstrationen, politische Versammlungen. Nicht jede Lebensäusserung muss politisiert werden.

    • @Ernst Tschernich:

      Danke Herr Tschernich, so sehe ich es eben auch!

  • Liebe taz,

     

    wenn jemand eine politische Äußerung per Banner aufhängt, dann kann es Menschen geben die GEGEN diese Äußerung sind. Sobald diese beiden Seiten aufeinander treffen, gibt es eine Eskalation.

     

    Auch wenn Sie sich das nicht vorstellen können, eine Sportveranstaltung ist KEIN geeigneter Ort für eine politische Auseinandersetzung.

     

    Warum der DFB so eierlos agiert und nicht einfach klar äußert das sie gegen jedwede politsche Äußerung sind, erschließt sich mir nicht. In Stadien existiert das Hausrecht, wem es nicht paßt, kann draußen bleiben.

    • @TheObserver:

      Weil "gegen gegen rechts" ja "gegen Links" bedeuten könnte. Und "gegen Links" ist bedeutet für einfach Gemüter ja "rechts". Und rechts will keiner offiziell sein.

    • @TheObserver:

      Immer schön neutral bleiben - gelle?

       

      Gerade Sportveranstaltungen sind der richtige Ort, um klarzustellen, dass Nazis und Faschisten auch beim Fußball unerwünscht sind!

      Da tummeln sich nämlich reichlich von denen rum!

      • @Rossignol:

        neutraler als "keine politische Äußerung" geht es ja wohl nicht....