Anstehende Räumung der Liebigstraße 14: Polizei befürchtet Eskalation
Nach den Angriffen auf Beamte am Samstag rechnen Polizisten für die anstehende Räumung mit dem Schlimmsten. Sogar die Angst vor Verhältnissen wie im Jahr 1990 in der Mainzer Straße geht um
Die Berliner Polizei befürchtet bei dem Einsatz gegen das Hausprojekt Liebig 14 am morgigen Mittwoch heftige Auseinandersetzungen. Ein Schreckgespenst macht bei den geschlossenen Einheiten die Runde: die Räumung der Mainzer Straße im November 1990. Damals hatten rund 3.000 Polizisten 13 Häuser in Friedrichshain geräumt, die Besetzer und ihre Unterstützer hatten die Straße und die Häuser in eine Festung verwandelt. Die Räumung artete in eine dreitägige Straßenschlacht aus.
Grund für das Krisenszenario ist die Demonstration von Liebig 14-Unterstützern am vergangenen Samstag. Rund 3.000 Menschen waren gegen die bevorstehenede Räumung auf die Straße gegangen. Bei der Abschlusskundgebung vor der Haus eskalierte die Lage: Polizisten wurden aus dem Nichts heraus mit einem Hagel aus Steinen angegriffen und mit einem Laserpointer geblendet. Auf den Dächern standen vermummte Personen und brannten Pyrotechnik ab. Schon zuvor waren kleine Gruppen von Polizisten gezielt attackiert wordem.
Seit Samstag ist die Gelassenheit verflogen. "Man muss man mit dem Schlimmsten rechnen", sagte ein Beamter der geschlossenen Einheiten. "Die Stimmung ist auf gut deutsch gesagt: beschissen". Mit dieser Einschätzung steht er nicht allein. Befürchtet werden ähnliche Attacken wie bei der Räumung der Mainzer Straße. Auch damals sind Dächer besetzt und von dort Gegenstände auf Polizisten geworfen worden.
Ein Polizeihubschrauber hätte bei der Demonstration am Samstag gemeldet, dass sich auf den Dächern der Rigaer Straße Leute aufhielten und Behälter mit Wurfgeschossen bereit standen, darunter eine mit Steinen gefüllte Badewanne. Die Polizeiführung habe aus diesem Grund entschieden, die Beamte zunächst nicht in die Straße zu schicken. Die Häuser von der Liebigstraße bis zur Rigaer Ecke Zellstraße seien miteinander verbunden, sagte der Beamte. Man könne alle Dächer Häuser bis zur Straßenecke begehen.
Nach Darstellung der Polizeipressestelle war es das zweite Mal, dass ein Laserpointer bei einer Demonstration gegen Polizisten eingesetzt wurde. Bisher seien solche Attacken nur aus dem Bereich des Luftverkehrs bekannt. "Das war ein Hochleistungslaser", sagt der Beamte. Dessen Lichtstrahl habe eine extreme Reichweite und Stärke gehabt. "Man wendet sich automatisch ab, um nicht an den Augen verletzt zu werden." In der linken Szene wird diskutiert, ob der Laserpointer auch gegen den Hubschrauber eingesetzt werden könnte.
Dem Vernehmen nach werden bei der Räumung und den erwarteten Folgeeinsätzen 2.000 Beamte im Einsatz sein, die Hälte aus anderen Bundesländern. Was bei der Räumung passiert, sei schwer kalkulierbar, sagt der Beamte. Den Begriff Angst verwende man bei der Polizei nicht. Die Haltung bei den Einheiten beschreibt er so: "Wir erledigen unseren Job. Es gibt einen rechtskräftigen Räumungsbeschluss." Die Polizei könne nichts anders tun, als diesen durchzusetzen. "Aber wenn wir das tun, haben wir automatisch den Schwarzen Peter".
Bei der Hausbesetzerbewegung 1980/81 möge es bei dem einen oder anderen Polizisten verhaltene Sympathie gegeben haben, weil sich die Besetzer gegen Misstände in der Wohnungspolitik gewendet hätten. Davon könne er im Fall der Liebigstraße nichts erkennen, sagt der Beamte. "Hier geht es um die Durchsetzung individueller Lebensbedürfnisse. Selbstbestimmt wohnen kann ich auch, wenn ich einen Mietvertrag habe und mich an die Gesetze halte."
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