Anschlag in Nigeria: Religiöse Gewalt fordert Dutzende Tote
Bei einem religiös motivierten Anschlag der islamistischen Sekte Boko Haram im Norden Nigerias sterben mindestens 70 Menschen. Die Zahl der Opfer könnte noch steigen.
COTONOU taz | Die Gewalt durch die radikale muslimische Sekte Boko Haram in Nigeria hat in den vergangenen Tagen einen neuen Höhepunkt erreicht. Mindestens 69 Menschen kamen am Freitag bei einer Serie von Bombenanschlägen und Überfällen im Nordosten des Landes ums Leben. Am Sonntag töten Mitglieder der Sekte in ihrer Hochburg Maiduguri einen Polizisten.
Im Norden Nigerias sitzt der Schock den Menschen noch in allen Knochen. Am Freitagabend haben sie in den Städten Damaturu im Bundesstaat Yobe sowie ein paar Stunden später in Maiduguri, Bundesstaat Borno, eine der schwersten Anschlagsserien überhaupt erlebt. Vor einer Bank sowie einigen Polizeistationen und Kirchen explodierten gleich mehrere Bomben. Wie viele Menschen ums Leben gekommen sind, ist noch unklar. Lokale Medien sprechen sogar von mehr als 130 Opfern.
"Viele Menschen haben seitdem die beiden Städte verlassen, da ihre Angst vor neuen Anschlägen oder Unruhen zu groß ist", beschreibt Nwakpa O. Nwakpa, Sprecher der nigerianischen Rot-Kreuz-Gesellschaft, die Lage. "Chaos ist nicht ausgebrochen. Und es gab auch keine Ankündigungen für erneute Anschläge", sagt er. Das mag an dem massiven Aufgebot an Sicherheitskräften liegen, das die Regierung postwendend in beide Städte geschickt hat. Zu den tödlichen Anschlägen hat sich die islamistische Sekte Boko Haram bekannt, zu Deutsch "Westliche Bildung ist Sünde". Die Gruppe hat ihr Hauptquartier in Maiduguri. Von hier aus hat sie in den vergangenen Jahren wiederholt zugeschlagen.
Ungeschriebenes Gesetz gebrochen
Dass der nigerianischen Regierung schwere Jahre bevorstehen, davon geht auch die nichtstaatliche Organisation "The Fund for Peace" mit Sitz in den Vereinigten Staaten aus. Vor einer Woche hat sie ihre neue Studie zu Afrikas einwohnerstärkstem Land veröffentlicht. Eines ihrer Ergebnisse lautet, dass sich die Gewaltwelle im Norden auch deshalb zugespitzt hat, weil ein ungeschriebenes Gesetz gebrochen wurde. Seit dem Ende der Militärherrschaft 1999 will die mächtige Regierungspartei "Peoples Democratic Party" (PDP) abwechselnd einen Präsidentschaftskandidaten aus dem Norden und dem Süden stellen, der nach Möglichkeit zwei Amtsperioden lang an der Macht bleibt. Jonathans Vorgänger Umaru YarAdua, ein Muslim aus dem Norden, starb jedoch schon in der ersten Amtszeit. Da nach nur drei Jahren wieder ein Christ aus dem Süden an der Macht ist, fühlen sich viele im Norden betrogen. Die Unzufriedenheit nimmt deshalb deutlich zu.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen