Anschlag in Inguschetien: Polizeiquartier gesprengt
Bei einer Bombenexplosion in Nasran, im russischen Nordkaukasus, werden 20 Menschen getötet und 57 verletzt. Präsident Jewkurow macht Aufständische für die Tat verantwortlich.
BERLIN taz | In der Kaukasusrepublik Inguschetien sind am Montag zwanzig Menschen bei einem Anschlag getötet worden. 57 weitere Personen, darunter zehn Kinder, wurden bei der Explosion einer Bombe im Hof des Milizhauptquartiers in der Stadt Nasran verletzt. Dies berichtete der Radiosender des inguschetischen Innenministeriums am Montag. Helfer vom russischen Ministerium für Katastrophenschutz vermuten in den Trümmern noch weitere Opfer.
Mit einem sprengstoffbeladenen Kleinlastwagen war ein Selbstmordattentäter während des morgendlichen Appells in den Innenhof vorgedrungen und hatte seine tödliche Ladung gezündet. Durch die Wucht der über 150 kg TNT starken Detonation wurde eine Hälfte des Gebäudes vollständig zerstört. 20 vor dem Gebäude geparkte Dienstwagen gingen in Flammen auf. Auch Gebäude in der Nachbarschaft kamen zu Schaden. Erschwert wurden die Rettungsarbeiten durch Explosionen im Waffenlager des brennenden Gebäudes.
Im örtlichen Krankenhaus herrscht akuter Blutmangel. "Ingushetia.org" rief zu Blutspenden auf. Ein Flugzeug des russischen Katastrophenministeriums brachte unterdessen die ersten Schwerverletzten nach Moskau. Russlands Präsident Medwedew sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. Der russische Innenminister Nurgaliew entsandte seinen Stellvertreter, Arkadij Edelejew, zu Ermittlungen nach Inguschetien.
Drahtzieher des Verbrechens, so der inguschetische Präsident Jewkurow, seien Aufständische, die Inguschetien destabilisieren und Panik in der Bevölkerung verbreiten wollten. Jewkurow war am 22. Juni dieses Jahres selbst Opfer eines Selbstmordanschlages geworden, den er schwer verletzt überlebt hatte. Im Gegensatz zu seinem tschetschenischen Kollegen Ramsan Kadyrow wird Jewkurow von der Opposition und Menschenrechtlern unterstützt. So hatte die Vorsitzende der Moskauer Helsinki Gruppe, Ljudmilla Alexejewa, in einem Interview kürzlich die Hoffnung geäußert, Jewkurow könne auf die Situation vor Ort positiv Einfluss nehmen.
Vor einer Woche war die Chefredakteurin von "ingushetia.org", Rosa Malsagowa, von Rebellen mit einem "Scharia-Gericht" bedroht worden. Der Grund: die unabhängige Journalistin habe sich auf die Seite von Präsident Jewkurow gestellt. Am 12. August war der inguschetische Bauminister Ruslan Amerchanow in seinem Dienstzimmer erschossen worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wer wird Landwirtschaftsminister?
Söders Bock als Gärtner
Die Wehrpflicht in den Wahlprogrammen
Müssen sie dienen?
Missbräuchliche Geschlechtsänderung
Reine Provokation
Donald Trumps zweite Amtszeit
On Day One
Leben im Märkischen Viertel
Stolz und Vorurteil
Arbeit für alle
Brauchen wir eine staatliche Jobgarantie?