Anschlag in Ägypten: Nachwirkungen des Gazakrieges?
Eine tote Französin und 20 Verletzte sind das traurige Resultat eines Bombenanschlags auf Touristen in Ägypten. Über die Hintergründe des Terrors lässt sich nur spekulieren.
KAIRO taz Waren das die ersten Nachwirkungen des Gazakrieges? Das war die erste Frage, die arabischen Medien unmittelbar nach dem Anschlag im Kairoer Touristen-Bazar am Sonntagabend stellten. Bei dem Attentat wurde eine 17jährige Französin getötet und 24 Menschen, darunter ein Deutscher verletzt.
Zuvor hatten die Medien immer wieder gewarnt, dass der Gazakrieg Anfang des Jahres zu einer Welle individueller Radikalisierung in der arabischen Welt führen könnte. Zumindest die Umstände des Anschlages sprechen nicht für ein lang geplantes von einer Terrororganisation durchgeführtes Attentat, sondern für eine individuell amateurhafte Tat.
Nun hoffen die Behörden auf Antworten, nachdem die ägyptische Polizei im Zusammenhang mit der Tat laut unbestätigten Angaben eines arabischen Fernsehsenders 14 Personen vernommen haben soll, darunter drei Pakistanis. Details über Verdächtige sind bisher nicht bekannt
Auch der genaue Tathergang ist immer noch unklar. Die meisten Augenzeugen sprechen davon, dass ein selbstgebastelter Sprengkörper von einem höheren Stockwerk einer Pension in der Altstadt auf die Cafeteria geworfen wurde, in dem die Touristen saßen. Einige der Zeugen berichten, dass die Bombe in einer schwarzen Plastiktüte aus einem Fenster im 4. Stockwerk geworfen worden sei.
In Polizeikreisen wird aber auch die Möglichkeit diskutiert, dass der Sprengsatz unter einer Bank versteckt war. Laut Polizei war der Sprengstoff aus Schwarzpulver und Nägeln hergestellt worden. Zwischenzeitlich war auch die Rede von einem zweiten Sprengsatz, der nicht explodiert war.
Die Explosion war so stark, der Boden unter uns hat gezittert“, erzählt ein Augenzeuge im ägyptischen Fernsehen. „Wir haben uns alle auf den Boden geschmissen. Andere sind weggelaufen, überall war Blut. Ich sah sogar eine abgerissene Hand und einen Arm”, berichtet er.
Der Zeitpunkt des Anschlages war gut gewählt. Der Ort des Geschehens, die Altstadt von Kairo mit ihrem Touristen-Bazar Khan El-Khalili ist schwer bewacht. Buchstäblich an jeder Ecke befindet sich Polizei in Uniform oder in Zivil. Die scheint aber zum Teil von einem Fußballspiel der beliebtesten Kairoer Mannschaft Al-Ahli abgelenkt worden sein. Laut ägyptischen Fernsehberichten hatte der Offizier, der sich in unmittelbarer Nähe des Anschlages befand, sein Funkgerät einem Freund gegeben, um in Ruhe das Fußballspiel ansehen zu können.
Bereits wenige Stunden nach dem Anschlag gab es Berichte, dass die ägyptische Polizei einer ersten Spur nachginge. In einer Cafeteria im oberen Stockwerk des Hotels waren zuvor zwei Frauen mit vollem Gesichtsschleier beobachtet worden. Beide waren kurz nach der Tat verschwunden.
Die durch die Bombe getötete Französin befand sich mit 41 weiteren Mitschülern auf einem Klassenausflug. Unter den 24 Verletzten befinden sich mit einem Dutzend Franzosen auch weitere Mitschüler der Klasse aus dem Pariser Vorort Levallois-Perret. Daneben wurden ein 56jähriger Deutscher aus Hessen, drei saudische Staatsbürger und mehrere Ägypter verwundet. Die meisten der Verletzten, unter ihnen auch der Deutsche, konnten das Krankenhaus schon nach kurzer Zeit wieder verlassen. Ein Franzose befindet sich nach ägyptischen Behördenangaben in kritischem Zustand, er sollte in Kairo operiert werden.
Bisher hat sich niemand für den Anschlag verantwortlich erklärt. Über den Hintergrund der Attentäter oder Attentäterinnen lässt sich nur spekulieren. Das Attentat erinnert an die 90er Jahre als militante Islamisten regelmäßig Touristen angegriffen hatten. Der letzte Anschlag in Kairo liegt fast vier Jahre zurück. Damals warf ein Motorradfahrer, ebenfalls im Bazar einen Sprengsatz auf eine Touristengruppe. Dabei wurden waren zwei Französinnen getötet worden. Es handelt sich damals um eine individuelle Tat.
In den letzten Jahren erlebte Ägypten eine Reihe von Anschlägen auf der Sinai-Halbinsel. Generell ist die Zahl der Anschläge auf Touristen in Ägypten in den letzten zehn Jahren aber stark zurückgegangen. Vor allem in den 90er Jahren hatten militante Gruppierungen versucht den Staat durch Anschläge auf Touristen an seiner Achillesferse, den Einnahmen aus der Reisebranche zu treffen. In einem Land in dem jeder zehnte Arbeitsplatz direkt oder indirekt vom Tourismus abhängt, hatten sie sich mit dieser Taktik allerdings wenig Freunde geschaffen. Das scharfe Vorgehen der Sicherheitskräfte, sowie ihre zunehmende gesellschaftliche Isolierung hatte dazu geführt, dass die Gruppierungen diese Taktik aufgaben.
Die militanten ägyptischen Islamisten von einst, haben sich auch von dem letzten Attentat distanziert. Die Gamaa Islamiya – die sogenannte Islamische Gruppe veröffentlichte auf ihrer Webseite eine Erklärung in dem der letzte Anschlag verurteilt wird. Die Gruppe sei in den letzten zehn Jahren an keinem Attentat beteiligt gewesen, heißt es dort weiter. Derartige Anschläge seien nicht Teil des Dschihad, des heiligen Krieges. Wer immer hinter dieser Tat stecke, sollte verstehen, dass man auf diese Weise nicht Gaza befreien könne, heißt es dort weiter. Auch die zweite militante ägyptische Gruppe Gihad, distanzierte sich von dem Anschlag.
Das religiöse Establishment reagierte ebenfalls schnell. Der Großmufti Ali Goma´a sprach von einer Tat, die vom Islam abgelehnt werde und nur den Feinden Ägyptens diene. Der Grandscheich der islamischen Al-Azhar Universität Mohammed Sajjed Tantawi, nannte den Anschlag feige und kriminell. Die Täter, sagte er, hätten ihre Religion und ihr Land verraten und verzerrten das Bild des Islams.
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