Anschläge in Pakistan: Weniger Taliban, mehr Tote
Zahlreiche Opfer bei Konflikten zwischen Islamisten in Pakistans Grenzregion zu Afghanistan. Hier verläuft eine wichtige US-Nachschubroute für Afghanistan.
DELHI taz | Mindestens 25 Menschen, unter ihnen der Anführer einer militanten Islamistengruppe, sind am Donnerstag bei einem Anschlag im Nordwesten Pakistans getötet worden. Der Anschlag erfolgte im Tirah-Tal in der Khyber-Region an der Grenze zu Afghanistan.
Die Behörden gehen davon aus, dass es sich um einen Konflikt zwischen zwei Islamistengruppen handelt. Denn die Bombe detonierte in unmittelbarer Nähe zu einem Ausbildungslager der Lashkar-i-Islam des Islamistenführers Mangal Bagh vor einer Moschee, in der sich gerade Gläubige zum Gebet versammelt hatten. "Es gibt zwei militante Gruppen im Tirah-Tal, die sich gegenseitig angreifen", sagte ein Geheimdienstmitarbeiter dem Nachrichtensender Dawn News. Was genau geschehen sei, lasse sich jedoch nicht überprüfen. Pakistans Sicherheitsapparat habe keinen Zugang zu der Region.
Durch die Khyber-Region verläuft eine der wichtigsten Nachschubrouten für die US-geführten Truppen in Afghanistan, weswegen es dort immer wieder zu Anschlägen auf Nato-Konvois kommt. Die Lashkar-i-Islam ist zwar nicht Teil der "Pakistanischen Taliban", steht diesen jedoch ideologisch nahe.
Es wird vermutet, dass etliche Militante der Pakistanischen Taliban seit dem Einmarsch der Armee in die Taliban-Hochburg Südwaziristan im vergangenen Oktober nach Khyber und in die benachbarte Region Orakzai geflohen sind und den dortigen Gruppen nun die Vorherrschaft streitig machen. Mehrere hundert Menschen sind in den vergangenen Jahren in der Khyber-Region ums Leben gekommen.
In den vergangenen Tagen soll es auch zu Zusammenstößen zwischen verschiedenen Talibangruppen gekommen sein. Rund ein Dutzend Menschen sollen dabei in der Kurram-Region an der Grenze zu Afghanistan getötet worden sein. Beobachter in der Region berichten von Streitereien um die Führung der pakistanischen Taliban. Deren letzter Anführer Hakimullah Medsud wurde vor etwa einem Monat bei einem US-Luftangriff getötet.
Unterdessen wird auch die Führung der afghanischen Taliban offenbar weiter geschwächt. Nur zwei Tage nachdem die Festnahme von deren "Nummer zwei" Mullah Baradar publik wurde, erklärte jetzt der Gouverneur der nordafghanischen Provinz Kundus, weitere hochrangige Taliban-Vertreter seien in Pakistan den Sicherheitskräften ins Netz gegangen: Mullah Abdul Sala und Mullah Mir Mohammad, die "Schatten-Gouverneure" der Taliban für die Provinzen Kundus und Baghlan, die direkt Mullah Baradar unterstellt waren. Zuvor hatte der Gouverneur von Kundus erklärt, in seiner Region, wo auch die Bundeswehr steht, werde demnächst eine Großoffensive gegen die Taliban ähnlich der in der südafghanischen Provinz Helmand beginnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut