Anschläge an türkisch-syrischer Grenze: Zahl der Todesopfer auf 32 gestiegen
Viele Verletzte schweben noch in Lebensgefahr. In Istanbul gingen mehrere tausend Menschen aus Protest gegen den Anschlag auf die Straße.
Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sagte am Montag in Ankara, es gebe nach ersten Erkenntnissen Hinweise auf einen Selbstmordanschlag der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Der Täter sei jedoch noch nicht identifiziert worden. Berichte, dass es sich um eine Frau handelte, wurden offiziell zunächst nicht bestätigt.
In der Kurdenmetropole Diyarbakir und in Istanbul gingen am Montagabend mehrere Tausend Menschen aus Protest gegen den Anschlag auf die Straße. Die Menschen skandierten auch Slogans gegen die AKP-Regierung. Viele machen die islamisch-konservative AKP mitverantwortlich für den Anschlag. Sie toleriere den IS in der Türkei oder unterstütze die Terrormiliz sogar, so der Vorwurf vieler.
In Istanbul löste die Polizei die Demonstration mit Tränengas auf, wie ein dpa-Reporter berichtete. Der Gouverneur der Provinz Sanliurfa verbot am Dienstag Demonstrationen in der Region Suruc, wie die Nachrichtenagentur DHA berichtete.
Der Sprengsatz war am Montagmittag im Garten eines Kulturzentrums in der Grenzstadt Suruc explodiert. Dort hatten sich Anhänger einer sozialistischen Jugendorganisation zu einer Pressekonferenz versammelt, wie Medien berichteten. Rund 300 Jugendliche hätten an dem Treffen teilgenommen. Nach Angaben der Organisation wollten sie ins benachbarte Kobane nach Syrien reisen, um dort Hilfe zu leisten.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den Anschlag scharf. „Kein Grund oder Missstand kann je einen Anschlag auf Zivilisten rechtfertigen“, sagte Ban nach einer von den Vereinten Nationen in New York verbreiteten Mitteilung. Er hoffe, dass die Verantwortlichen rasch identifiziert und zur Rechenschaft gezogen würden. Auch das US-Außenministerium verurteilte das Attentat. Die USA stünden im Kampf gegen den Terrorismus weiter an der Seite der Türkei, hieß es in Washington.
Autobombe in Kobane
Die syrisch-kurdische Stadt Kobane war im vergangenen Jahr Schauplatz heftiger Kämpfe zwischen kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) und dem IS. Ende Januar befreiten die kurdischen Milizen Kobane aus den Händen des IS.
Kurz nach der Explosion in Suruc wurden in Kobane mindestens zwei Kämpfer der kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) durch eine Autobombe getötet. Kurdensprecher Idriss Nassan sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Bombe sei an einem Kontrollpunkt in der Nähe einer Schule explodiert.
Der Anschlag in Suruc ist der schwerste in der Türkei, seit im Mai 2013 in der Grenzstadt Reyhanli zwei Autobomben explodierten und 51 Menschen in den Tod rissen. Die türkische Regierung machte damals die linksextreme DHKP-C mit Kontakten zum syrischen Regime für die Tat verantwortlich. Der syrische Präsident Baschar al-Assad wies den Vorwurf zurück. Ankara betreibt den Sturz Assads. Die Türkei hat in den vergangenen Wochen ihre Truppen an der Grenze zu Syrien verstärkt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid