Anna Lehmann über die Strategiekonferenz der Linkspartei: Jetzt die Machtfrage stellen
Kaum ein Begriff ist bei Linken so beliebt wie dieser: Krise. Die Krise des Neoliberalismus, die Krise des Parteiensystems, die Krise der Bourgeoisie. Während sie fleißig Krisenstimmung verbreiten, entgeht den Linken fast, dass sie gerade eine riesige Chance haben, nämlich mit radikalen Vorschlägen ins politische Machtgeschehen einzugreifen. Ob sie es wahrhaben wollen oder nicht: Für die Linke ergibt sich gerade eine Möglichkeit aufs Mitregieren im Bund.
Möglich wird das durch mehrere – ja – Krisen. Die Krise der CDU und die Thüringer Regierungskrise. Letztere hat der Linken bundesweit Sympathien beschert. Sie steht nun als glaubwürdige Verfechterin der Demokratie da, die innerhalb dieses Spektrums nach vernünftigen Lösungen sucht und dabei klare Kante gegen rechts zeigt. Die Thüringer Linken stehen in Umfragen bei 40 Prozent, sind momentan die Partei der Mitte im Freistaat.
Wenn die Linke klug handelt, kann sie das Thüringer Momentum für sich auch bundesweit nutzen. Die innerparteilichen Voraussetzungen sind so gut wie nie. Der Streit zwischen den beiden Machtzentren – Fraktion und Parteiführung – scheint überwunden.
Wenn Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali und Parteichefin Katja Kipping bei der Strategiekonferenz im vertraulichen Gespräch auf dem Flur stehen oder einträchtig nebeneinander auf dem Podium sitzen, meint man fast, es hätte ihn nie gegeben. Auch die unselige Debatte, ob man nun für oder gegen Einwanderung ist, spielte bei der Strategiekonferenz keine Rolle mehr.
Stattdessen stritten sich die Linken über viele andere Punkte, die Machtfrage, das Klima, die Bewegung – ohne sich allerdings gegenseitig permanent der Häresie zu bezichtigen. Auch das war nicht immer so.
Wenn sie ihre neue Begeisterung füreinander jetzt in Begeisterung für die Linke ummünzen können, haben die GenossInnen eine Chance, die Machtfrage ganz praktisch zu stellen. Bislang ist das allerdings nur eine Möglichkeit, die genutzt werden kann.
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