Anlage zur Urananreicherung in Gronau: Stromkonzerne wollen raus
RWE und Eon wollen aus dem Betrieb der Urananreicherungsanlage aussteigen. Durch den Atomausstieg brauchen beide Unternehmen dringend frisches Geld.
BOCHUM taz | Die Stromkonzerne RWE und Eon steigen aus der Urananreicherung aus. Die Anteile beider Unternehmen an der Nuklearfirma Urenco stünden zum Verkauf, bestätigten Konzernmitarbeiter der taz. Es sei denkbar, dass noch in diesem Herbst ein Käufer gefunden werde. Wegen des Atomausstiegs werde die Urananreicherung nicht mehr benötigt, hieß es zur Begründung.
Urenco gilt als weltweit führender Anbieter von Atombrennstoff. Das Joint Venture, an dem neben RWE und Eon auch der britische und der niederländische Staat zu jeweils einem Drittel beteiligt sind, betreibt auch Deutschlands einzige Urananreicherungsanlage (UAA) im münsterländischen Gronau.
Dort wird die Produktion seit Jahren ausgebaut: Ende dieses Jahres sollen 35 große Atomkraftwerke mit Brennstoff versorgt werden können - das sind rund 7 Prozent des Weltmarktes.
Offiziell wollen die beiden Stromanbieter den Verkauf zwar noch nicht bestätigen: "Kein Kommentar", heißt es aus beiden Konzernzentralen. Doch brauchen beide Unternehmen, die fest mit den Millionengewinnen ihrer längst abgeschriebenen Meiler gerechnet hatten, dringend frisches Geld: RWE schätzt den Gewinneinbruch durch die bereits abgeschalteten Atomkraftwerke auf mehr als 1 Milliarde Euro allein in diesem Jahr.
Entlassung von über 11.000 Mitarbeitern
Eon hat die Entlassung von über 11.000 Mitarbeitern angekündigt. Der Wert der Urenco-Beteiligung wird auf rund 1 Milliarde Euro geschätzt. "Es gibt sinnvollere Investments als diese Atomfabriken", so ein Eon-Mitarbeiter. Bei der Verkaufsentscheidung hätten aber auch die "berechtigten Proteste" von Umweltschützern gegen den Atommüllexport nach Russland eine Rolle gespielt.
Unklar ist bisher, wer die UAA künftig weiterbetreiben soll - auch die klamme britische Regierung hat bereits angedeutet, ihren Anteil verkaufen zu wollen. RWE und Eon hoffen auf eine Übernahme durch die niederländische Regierung.
Die aber wehrt sich nach einem Bericht der Zeitung Het Financieele Dagblad gegen den Ausverkauf: Die Niederländer verfügten über Veto-Möglichkeiten, hieß es dazu aus dem für die Aufsicht der Gronauer Atomanlage zuständigen nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium. "Wir rechnen nicht damit, dass schnell ein potenzieller Käufer auftaucht", so ein Sprecher von NRW-Wirtschaftsminister Harry Voigtsberger (SPD). In Gronau soll die Brennstoffproduktion weitergehen. Jeder Investor, der die UAA kaufe, betreibe diese auch weiter, hoffen RWE und Eon.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch