Anja Maier über den "Tagesthemen"-Kommentar gegen Fremdenhass: Tun, was fällig ist
Die Fernsehjournalistin Anja Reschke hat etwas Einfaches getan. Sie hat die mediale Plattform der „Tagesthemen“ für einen zuwandererfreundlichen Kommentar genutzt. In zwei Minuten Sendezeit fordert sie etwas im Grunde Selbstverständliches ein: Mund aufmachen, Haltung zeigen, Fremdenfeinden entgegentreten. Sie fragt, wo in diesen Tagen eigentlich der Aufstand der Anständigen bleibt. Gut so.
Das Erstaunliche an diesem Kommentar ist aber nicht die Botschaft, sondern seine Rezeption. Das Video wird massenhaft geteilt und kommentiert. Reschke selbst erklärt am Ende ihres Beitrags, sie freue sich schon „auf die Kommentare zu diesem Kommentar“. Eine klare Kampfansage an die Hater im Netz.
Tatsächlich ist das, was Reschke anprangert – das immer offenere Zeigen von Menschenverachtung gegenüber Hilfebedürftigen und deren Unterstützern – alles andere als neu. Tag für Tag schreiben und senden Redaktionen gegen den rechten Mob an. Trotzdem beginnt diese Gesellschaft sich Stück für Stück daran zu gewöhnen, dass brave Bürger unter dem Schutz der Meinungsfreiheit immer widerlicher hetzen.
Womöglich gilt es deshalb auch als mutig, derlei offen anzusprechen. Und zwar im Fernsehen, im Netz – also in jenen Medien, deren Wirkmacht die der sterbenden Zeitungen bei weitem überstrahlt. Die rechten Trolle werden Reschke dafür niedermachen.
Es ist erstaunlich, wie breit andererseits die Zustimmung für den Kommentar der ARD-Journalistin ist. Wie mutig er gefunden wird. Dabei tut Reschke nur, was fällig ist: sagen, was nicht geht. „Die Hassschreiber müssen kapieren, dass diese Gesellschaft das nicht toleriert“, sagt sie. Ihr Kommentar richtet sich also nicht an die vernagelten Fremdenfeinde. Sondern an jene, die vom Meinungsfuror eingeschüchtert sind. Denn mitunter mag es tatsächlich scheinen, als hätten die Rechten das Feld der öffentlichen Meinung besetzt.
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