Anja Maier über Brandenburgs Grüne: Jetzt bescheiden bleiben
Die Brandenburger Grünen haben guten Grund, der Landtagswahl am 1. September selbstbewusst entgegenzusehen. Bei 16 Prozent liegt die Ökopartei laut einer aktuellen Forsa-Umfrage – das wären 10 Prozentpunkte mehr, als sie noch vor fünf Jahren in der Mark geholt hat. Forsch hat Spitzenkandidatin Ursula Nonnemacher beim Parteitag am Wochenende schon mal ihre Bereitschaft erklärt, in Potsdam das Amt der Ministerpräsidentin zu übernehmen.
Dabei hieße es gerade jetzt, nicht aufzutrumpfen. Denn man sollte sich da nichts vormachen: Der Grünen-Hype ist in weiten Teilen der skandalösen Planlosigkeit und politischen Selbstbeschäftigung der anderen großen Parteien zu verdanken. Und: Eine Umfrage in einem Sommer der sinkenden Wasserpegel und des kümmernden Korns auf den Äckern garantiert noch kein Kreuzchen am Wahltag.
Hinzu kommt, dass die Grünen mit ihrer Forderung nach einem vorzeitigen Ausstieg aus der Braunkohle etwas wollen, was vielen BrandenburgerInnen Sorgen bereitet. Wer durch die Lausitz reist, begreift, dass in dieser jahrzehntelang von Menschen ausgebeuteten Gegend so schnell keine Biolandwirtschaft gedeihen wird oder dass nicht plötzlich der Tourismus die Leute ernähren könnte. Die wenigen Stellen im Energiesektor geben den Menschen dort Auskommen und Selbstbewusstsein. Ihnen müssen die Grünen erklären, wie es für sie nach der Kohle weitergehen soll. Landschaft kann man bekanntlich nicht essen.
Ein anderer Unsicherheitsfaktor ist das Image der Grünen. Im Osten werden sie noch immer als Westpartei wahrgenommen. Das liegt an ihrer guten Vernetzung in den wenigen größeren Städten und im Berliner Umland. Von ein paar freundlichen, aber habituell doch fremden GroßstädterInnen wollen – und müssen – sich die BrandenburgerInnen nicht sagen lassen, wie sie zu leben haben. Um so wichtiger wird es sein, wie die Grünen nach der Wahl glaubhaft und empathisch ihre Ostkompetenz unter Beweis stellen.
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