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Angst vor griechischer StaatspleiteGriechenkrise wird zur Bankenkrise

Europas Banken brauchen bald wieder Staatsgelder, um nicht zu kollabieren. Über 20 britische und portugiesische Kreditinstitute wurden von einer Ratingagentur herabgestuft.

Lächeln gegen die Pleite: Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos (l.) und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler.

BERLIN dapd/rtr/taz | Die Schuldenkrise in Europa droht immer mehr Banken in den Abgrund zu ziehen. Weil EU und Bundesregierung nun auch laut darüber nachdenken, Griechenland pleitegehen zu lassen, droht eine Wiederholung der Finanzkrise von 2008. Damals wusste niemand, wie viele wertlose Immobilienkredite in den Büchern der Banken schlummerten.

Die Ratingagentur Moodys hat die Sorgen am Freitag angeheizt. Die Analysten senkten die Ratings für zwölf britische und neun portugiesische Institute, darunter große Häuser wie die Royal Bank of Scotland. Die portugiesischen Banken hielten zu viele Anleihen ihres von der Pleite bedrohten Staates. Im Vereinigten Königreich sehen die Experten die Chancen auf staatliche Unterstützung zumindest für kleine Institute schwinden.

Das Misstrauen ist groß, weil unklar ist, wie stark einzelne Banken von möglichen Staatspleiten im Euroraum betroffen wären. Am Freitag war noch immer ungewiss, ob EU, Internationaler Währungsfonds und Europäische Zentralbank weiteren Milliardenhilfen an Griechenland zustimmen werden, ohne die das Land spätestens im November zahlungsunfähig wäre. Ein positives Votum galt aber als wahrscheinlich. "Die Vertrauenskrise der Banken muss so schnell wie möglich behoben werden", sagte der Chef der staatlichen Förderbank KfW, Ulrich Schröder.

Die EU will wegen der drohenden Bankenkrise deshalb schnell Rettungspläne auflegen. Schon "in den kommenden Tagen" werde die Kommission einen Vorschlag für ein koordiniertes Vorgehen vorlegen, erklärte Kommissionssprecher Olivier Bailly. Es geht dabei vor allem darum, wie Banken an Kapital kommen, wenn sie sich auf den Märkten nicht mehr bedienen können. Bundeskanzlerin Angela Merkel hofft, dass schon Mitte des Monats eine Entscheidung über die mögliche Rekapitalisierung der europäischen Banken fällt. Es solle beim Europäischen Rat am 17. Oktober in Brüssel ein Signal zur Vorgehensweise in dieser Frage geben, sagte sie nach einem Gespräch mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte. Erst am Donnerstagabend stimmte das niederländische Parlament zu, dass sich das Land mit 44 Milliarden Euro am europäischen Rettungsfonds beteiligt, der Staaten wie Griechenland helfen soll.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) schlug Sonderwirtschaftszonen in Griechenland mit niedrigeren Unternehmensteuern vor. Literaturnobelpreisträger Günter Grass forderte, den Kapitalismus einfach abzuschaffen: "Wir erleben, dass das System, in dem wir leben, das kapitalistische, sich in einem Zustand der Selbstzerstörung befindet", sagte Grass. (iaa)

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6 Kommentare

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  • G
    GWalter

    Zitat Oskar Lafontaine:

     

    Europa befindet sich in der Sackgasse. Der „visionäre“ Satz des ehemaligen Bundesbankpräsidenten Tietmeyer auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos 1995: „Meine Herren, sie alle sind nun der Kontrolle der internationalen Finanzmärkte unterworfen“ ist leider heute bittere Realität. Damals klatschten die ahnungslosen Staats- und Regierungschefs noch in freudiger Erregung Beifall.

     

    Doch die Diktatur der Finanzmärkte wurde zum Alptraum der politischen Elite: Die Parlamente Europas wurden entmachtet. Die Zinsen an den Kapitalmärkten diktieren mittlerweile die Tagesordnung der europäischen Regierungen.

     

    Die europäischen Banken entscheiden nunmehr über Staatshaushalte und haben sich für den Notfall selbst verstaatlicht.

     

    Die Bilanzsumme der Deutschen Bank beispielsweise entspricht 80 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung und übertrifft die griechische um das achtfache.

     

    Nicht Griechenland ist systemrelevant sondern die Großbanken und ihre finanziellen Massenvernichtungswaffen (Warren Buffet).

     

    Die Staaten haben durch Konjunkturprogramme und Bankenrettung die Weltwirtschaft vor einem tiefen Absturz bewahrt. Aber es wurde törichterweise darauf verzichtet die Verursacher und Profiteure der Krise in die Pflicht zu nehmen.

     

    Die Finanzmärkte haben ihrem Leibwächter - dem Staat - so zugesetzt, dass dieser ohnmächtig in den Seilen hängt. Die ungelöste Bankenkrise wird zu einer existenziellen Bedrohung der europäischen Staaten, weil das Gewicht der Finanzmärkte auch die Rettungsboje der Staatshaushalte unter Wasser drückt.

     

    Der Unmut in den Koalitionsfraktionen und auch die verbalen Entgleisungen des Kanzleramtsministers Pofalla gegenüber Kritikern der Euro-Rettung sind Ausdruck dieser weit verbreiteten Ohnmacht.

     

    In Europa wird nicht mehr regiert, Parlamente und Regierungen folgen den Imperativen der Finanzwelt.

  • S
    Schmierlappen

    Da Rösler ja eh nur bis er 40 ist Politiker sein will, kann er dann ja für 1 Euro pro Tag in Griechenland arbeiten und ansosnten mal den Arbeitslosen erklären wie sie mehr arbeiten können.

  • T
    txxx666

    Einfach mal mitraten

     

    Ratingagenturen machen wieder

    reihenweise Banken und Staaten nieder.

    Das scheint sich ja mächtig für sie zu lohnen;

    doch was sind ihre Legitimationen?

    Vielleicht mach ich bald selber so'n Laden auf

    und rate für Kohle, wer als Nächster absauft...

  • N
    Nordwind

    Na klar, Griechenkrise wird zur Bankenkrise.

     

    Tolle Schlagzeile. Und so kompetent.

     

    Was will man mit diesem Unsinn dem Leser ins Hirn pflanzen? Will man davon ablenken, dass Griechenkrise, oder Schuldenkrise usw. Resultate der Krise von 2008 sind? Denn diese war nie etwas anderes als eine Bankenkrise.

     

    Diese Nebelkerzen-Performance macht auf mich den Eindruck als wolle man aktiv den Verursachern der Krise immer noch schützend die Hand vor den Arsch halten.

  • JR
    Jan Reyberg

    Ich könnte mir vorstellen, dass es auch in nicht-kapitalistischen Systemen auf Dauer nicht mehr Konsum als Produktion geben kann.

    Wenn Herr Gras ein System kennt, in dem das möglich ist, soll er das mal bitte ausführen, damit würde er uns allen wahnsinnig helfen.

    Dann bräuchte auch niemand mehr arbeiten usw. Wieso schweigt Gras so lange? Will er sein Geheimwissen mit ins Grab nehmen?

  • BK
    Banken krise

    Weil es niemand schreibt: Die Banken haben großzügigerweise Griechen-Anleihen gekauft und Teflon und Fipsi damit Zeit verschafft. Die EZB kauft doch auch Griechen-Anleihen damit es nicht kollabiert.

    Dieses Mal sind die Banken zumindest nicht direkt schuld. Die Politik hat zu lange gezögert Lösungen zu liefern und hat bis heute keine.

    Ich vermute mal: Einen Tag vor Wirksamwerdung der FDP-Basis-Abstimmung hat Griechenland Probleme und in einer geheimen Nachtsitzung muss Merkel ganz schnell Geheimpläne und Spezial-Erlaubnisse beschliessen.

    Manchmal kommt mir das alles abgekartert vor. Oder hat jemand (die Presse auch nicht) eine richtige LÖSUNG gebracht ? Jeder will nur seine Neoliberale (Insolvenz, Steuerzahler zahlt, Bankkunde zahlt), Linke (Jedes Land darf nochmal 10mal so viel Schulden machen. Alle Banken und Pensionsfonds und Renten- und Lebensversicherungen werden enteignet), Rechte (Die bösen Flüchtlinge sind schuld. Alle auf ein Schiff und in Libyen aussetzen) umsetzen. Die Presse bezahlt dieses Mal als erster wenn die Werbegelder weg sind. Dann hätten die tausenden entlassenen Reporter sich mal besser heute schon um Lösungen gekümmert und lernen mal, wie es sich als Freiberufler "lebt".

     

    Noch mal: Wenn Banken Griechen-Anleihen kaufen ist das auch nicht böser als wenn die EZB zilliardenfach PIGS-Anleihen kauft. Und Merkel und Schröder und Kohl und Barroso und Geisler und Özdemir und Lafontaine und Künast und Nahles und alle ausser Gysi und Lötzsch haben seit Jahrzehnten die Bewertungsregeln für die Banken gemacht.

    Banken sind an vielem Schuld. Aber nicht daran, genau wie die EZB auch PIGS-Anleihen zu kaufen um den Politikern Zeit zu erkaufen die lieber Sommerferien machen.