Angriff auf Rabbiner: Frankfurter Messerstecher gefasst
Polizei schnappt Täter über Internetforum. Der 22-jährige ist offenbar geständig - bestreitet aber eine Tötungsabsicht. Vor einer Woche hatte er in Frankfurt einen Rabbiner niedergestochen.
BERLIN taz Eine Woche nach der Messerattacke auf einen Rabbiner in Frankfurt ist der mutmaßliche Täter gefasst worden. Der 22-Jährige wurde am Donnerstagabend festgenommen und gestand die Tat, wie die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main mitteilte. Es handele sich um einen in Frankfurt geborenen Deutschen, dessen Eltern aus Afghanistan stammten. Gegen ihn wurde jetzt Haftbefehl wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung beantragt. Er sollte noch am Freitag dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden.
Der Rabbiner wurde vor einer Woche gegen 20.30 Uhr im Frankfurter Stadtteil Westend angegriffen. Der orthodoxe Jude hatte sich nach dem Gottesdienst in einer Synagoge gemeinsam mit zwei Bekannten auf dem Nachhauseweg befunden, als der Täter ihn angriff.
Über den Tatablauf gehen die Darstellungen des Festgenommenen und seines Opfers weit auseinander. Der jüdische Geistliche hat ausgesagt, der junge Mann habe ihn erst in einer Fremdsprache angesprochen und dann mit den Worten "Scheiß-Jude, ich bring dich um" auf ihn eingestochen. Diesen Ausspruch bestreitet der 22-Jährige aber ebenso wie jede Tötungsabsicht. Er behauptet stattdessen, den Rabbiner gegrüßt zu haben. Daraufhin sei es zu einer erst verbalen und dann auch körperlichen Auseinandersetzung gekommen, bei der der Festgenommene zustach. Das Opfer konnte eine Klinik erreichen, wo die Stichwunde am Bauch umgehend operiert wurde.
"Der Beschuldigte bestreitet eine Tötungsabsicht und sagt, es habe eine Auseinandersetzung gegeben, zunächst verbal, dann körperlich, und er habe sich dem anderen Mann unterlegen gefühlt und deshalb zum Messer gegriffen", sagte Staatsanwältin Doris Möller-Scheu. Ob es noch andere Motive gab, ist bisher noch nicht geklärt. "Im Moment müssen wir noch Ermittlungen zum Hintergrund dieses Mannes tätigen", sagte die Ermittlerin. Über einen islamistischen Hintergrund des Festgenommenen ist Justiz und Polizei nichts bekannt. Der 22-jährige Muslim sei auch nicht vorbestraft, habe aber bereits in der Vergangenheit eine jugendrichterliche Ermahnung bekommen.
Dem mutmaßlichen Täter auf die Spur kam die Polizei durch einen Hinweis auf ein Sport-Internetforum. Dort hatte der Teilnehmer eines Chats den Angriff mit detaillierten Angaben zu Täter und Tathergang gerechtfertigt und erklärt, sie sei nicht antisemitisch begründet. Er wisse das genau, da er den Täter kenne. Ein anderer Chat-Teilnehmer informierte die Polizei über diese Aussagen. Dieser Spur folgte die Polizei und nahm den mutmaßlichen Täter in der Wohnung seiner Eltern in Hattersheim fest.
Die Gewalttat hatte bundesweit Bestürzung ausgelöst. Erst die Jagd auf Inder im sächsischen Mügeln, dann der Angriff auf den Juden. Charlotte Knobloch, Präsidentin des Zentralrats der Juden, sagte angesichts der sich häufenden Gewaltakte gegen Minderheiten in Deutschland müsse man sich fragen, "ob die Diskussion um No-go-Areas nicht auch auf andere Teile in der Bundesrepublik als nur den Osten ausgeweitet werden muss".
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