Angekündigter Wintereinbruch: „Radfahrer müssen nicht mehr raus“
Der Winter kommt zurück mit Kälte, Wind und Schnee. Kein Grund für Alarmstimmung, aber für Vorsicht, so Meteorologe Jörg Riemann.
taz: Herr Riemann, der Winter kommt zurück. Ist das ein Grund, Katastrophenalarm auszurufen?
Jörg Riemann: Es wird kalt und windig und es wird schneien. Aber es wird nicht der Katastrophenfall eintreten, der ja schon heraufbeschworen wird. Egal, wie das Wetter ist: Die Berliner übertreiben gern ein bisschen. Vielleicht erinnern Sie sich noch an den Dezember 2010, als Klaus Wowereit …
… damals Regierender Bürgermeister von Berlin …
… gesagt hat: „Wir sind hier nicht in Haiti.“ Damals haben sich alle aufgeregt, weil die Winterdienste nicht hinterher kamen (lacht). Ich fand den Satz gut, weil damit gemeint war, alle müssen ein bisschen mitdenken. Man muss den Winterdienst auch mal in Schutz nehmen: Wenn es wirklich schneit, kann er nicht gleichzeitig überall sein. Die haben ja auch nur begrenzt Leute.
Jörg Riemann
53, ist Meteorologe und Leiter der meteorologischen Wettermanufaktur in Tempelhof.
Und was genau kommt da am Wochenende auf uns zu?
Wir bekommen endlich mal wieder richtiges Winterwetter. Einen hochwinterlichen Abschnitt in dieser Form hat es seit Jahren nicht gegeben. Das macht mich froh. Es zeigt, das die Natur vielleicht doch noch etwas mehr intakt ist, als man es landläufig vermutet hat.
Ohne die Klimaveränderungen leugnen zu wollen?
Wegen vorhergesagter starker Schneefälle am Wochenende hat das Brandenburger Innenministerium den Bürgern empfohlen, möglichst zu Hause zu bleiben. „Schneefall, der gebietsweise auch kräftiger ausfallen kann, soll von mäßigem bis strengem Frost begleitet werden“, sagte Ministeriumssprecher Martin Burmeister am Freitag auf Anfrage. Daher sei zum Ende des Wochenendes und Anfang der kommenden Woche vor allem mit Glätte zu rechnen. „Um Unfälle zu vermeiden, ist es daher empfehlenswert, auf nicht notwendige Fahrten und Gänge zu verzichten und möglichst zu Hause zu bleiben“, so Burmeister.
Brandenburgs Feuerwehren und Leitstellen seien vollständig einsatzbereit und auf eventuelle Extremwetterlagen eingestellt, erklärte der Sprecher. Bei Bedarf könnten jederzeit Maßnahmen des Katastrophenschutzes über das Koordinierungszentrum im Innenministerium geleitet werden. „Momentan besteht dieser Bedarf aber nicht und wird auch für die kommenden Tage nicht angenommen“, betonte Burmeister.
Am Wochenende soll es laut dem Deutschen Wetterdienst mit bis zu minus zwölf Grad in der Nacht eisig kalt werden. Nach einer verhältnismäßig ruhigen Wetterlage am Samstag soll das Wetter in der Nacht zu Sonntag umschlagen. (dpa)
Richtig. Trotzdem bin ich froh, dass bei Ostwind auf einmal wieder Kälte kommt aus Russland und Skandinavien. Der Frost setzt ab Samstag ein. Anfang der Woche haben wir nur noch Höchstwerte um die Minuswerte 7 oder 8 Grad. Nachts wird es dann zweistellig: Minus 10 Grad, im äußersten Fall vielleicht Minus 15 Grad. Und es kommt auch immer mal wieder Schnee dazu.
Wird der reichen, um einen Schneemann zu bauen?
Auf jeden Fall. Bis Montagabend wird in Berlin vermutlich 10 bis 15 Zentimeter Schnee gelandet sein. Man sollte sich darauf einstellen, dass es keinen Taueffekt gibt.
Worauf wollen Sie hinaus?
Alle müssen mitdenken. Man sollte etwas vorsichtiger gehen und die Oma muss vielleicht auch nicht unbedingt vor die Tür an dem Tag, an dem es schneit. Vor allem bedeutet das, langsamer zu fahren. Und Fahrradfahrer müssen bei diesen Wetterscheinungen nun wirklich nicht mehr raus.
Berlins Fahrradfahrer sind Hardcore.
Ja, aber es wird glatt! Und vor allen Dingen windig. Wer sich nicht richtig einmummelt,wird Gefriererscheinungen davon davontragen.
Auf die Krankenhäuser kommen weitere Belastungen zu?
Das kann passieren. Ende kommender Woche scheint sich aber schon wieder ein Erwärmungstrend einzustellen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen