piwik no script img

Andrej Ivanji über Serbiens Sonderzug ins KosovoGewollte Provokation

Was hat man sich denn in Belgrad dabei gedacht, einen mit der Parole „Kosovo ist Serbien“ geschmückten Zug in das Kosovo zu schicken? Natürlich war es eine kalkulierte Provokation, natürlich ging man davon aus, dass die Regierung des Kosovo es nicht zulässt, selbstverständlich ging es dabei nicht um freien Personenverkehr zwischen den zwei Staaten.

Wegen seiner friedlichen Regionalpolitik bisher von der Europäischen Union viel gelobt, will der starke Mann Serbiens, Aleksandar Vučić, anscheinend zeigen, dass er auch anders könnte. Noch vor dem „serbisch-orthodoxen Kosovo-Zug“ wurde in Frankreich der Expremier des Kosovo, Ramush Haradinaj, festgenommen – aufgrund eines internationalen serbischen Haftbefehls, in dem ihn Belgrad mit fürchterlichsten Kriegsverbrechen belastet. Schon das wurde in Prishtina als eine „üble Provokation“ wahrgenommen.

Serbien erkennt das Kosovo nicht an. Eine „Normalisierung“ der Beziehungen zwischen Belgrad und Prish­tina ist jedoch eine Voraussetzung für den EU-Beitrittskandidaten Serbien, den Beitrittsprozess zu beschleunigen. Belgrad äußerte mehrmals seinen Unmut, dass seine Bemühungen nicht ausreichend von Brüssel anerkannt würden. Seinerseits tut auch Prishtina sein Bestes, die Verhandlungen mit Belgrad unter der Obhut der EU zu erschweren.

Die einzige logische Erklärung für die serbische Zug-Provokation ist, dass Vučić die EU unter Druck setzen will, Serbien stärker entgegenzukommen. Es ist aber ein Spiel mit dem Feuer mit der serbischen Minderheit im Kosovo und der albanischen in Südserbien und könnte nur allzu leicht außer Kontrolle geraten.

Ausnahmsweise sollte Brüssel rechtzeitig reagieren und auf beide Seiten einwirken, um die Lage zu entspannen. Sonst wird man sich wieder einmal im Nachhinein wundern, wie es denn nur zu einer so tiefen Krise kommen konnte.

Ausland

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen