piwik no script img

Andreas Speit Der rechte RandWie Rechtsextreme sich weihnachtlich besinnen

Der NPD-Unterbezirk Braunschweig hat seine Weihnachtsfeier am vergangenen Sonntag nicht ganz so traditionell ausgerichtet. Statt zum Julfest lud der Verband zum Weihnachtsessen mit Weihnachtsliedern ein. Unkostenbeitrag inklusive Abendessen: zehn Euro. Ohne einschlägige Tradition blieb die Feier aber nicht: Für einen Zeitzeugenvortrag hatte die NPD Paul Peller gewinnen können. Der Rentner erzählt im rechtsextremen Milieu gerne über seine Zeit bei der 10. SS-Division Frundsberg und der 18. SS-Freiwilligen-Panzergrenadier-Division „Horst Wessel“.

Peller, der in Fallersleben bei Wolfsburg lebt, tritt immer wieder als Vertreter der „Erlebnisgeneration“, also derer, die für Nazideutschland im Krieg gekämpft haben, auf. Mal bei der NPD, mal bei „Die Rechte“. Seine Erfahrungen hat er unter dem Titel „Paul Peller – Jahrgang 1926“ veröffentlicht. In dem Buch, in dem Peller laut Werbetext „keine Hand vor den Mund“ nimmt, fragt er in Bezug auf die unmittelbare Nachkriegszeit nicht bloß „Befreiung?“, sondern antwortet gleich, dass man als SS-Mann „zum vogelfreien Sklaven“ erklärt worden sei.

In den Berichten auf einschlägigen Webseiten zu seinen Schilderungen aus der „Jugend- und Soldatenzeit“ klingt Begeisterung durch. Ein Veteran, der sich und der Sache treu geblieben ist. Im Vordergrund steht bei seinen Erzählungen der Kampf mit den Kameraden und das Leid der eigenen Bevölkerung. Dabei betont er, dass die Sudetendeutschen den Einmarsch der SS begrüßt und beim Rückzug SS-Männern geholfen hätten, sich durchzuschlagen.

Die Botschaften solcher Zeitzeugenvorträge kommen an. „Die Rechte“ fasst einen Abend mit Peller so zusammen: „Er macht deutlich, wie viel unsere Vorfahren erdulden mussten, aber auch geleistet haben. Gerade deshalb ist es wichtig, ihr Andenken zu bewahren, ihre Gräber rein und geschmückt zu halten und an sie durch ehrfürchtige Demonstrationen wie das Heldengedenken“ zu erinnern. Die NPD pointiert ähnlich: der Veteran hat „uns die Botschaft“ mitgegeben: „Niemals aufgeben!“

In Braunschweig ist Peller kein Unbekannter. Die Wolfsburger Zeitung berichtete im Juni, dass der Fallersleber ein „erfolgreicher Boxer“ war. „Im Jahr 1940“, erzählt der frühere Halbschwergewicht-Sportler der Zeitung, sei er im „damals verpflichtenden Landjahr in Pommern mit dem Boxen in Berührung gekommen“. Kritische Nachfrage? Fehlanzeige.

Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

In seinem „Landjahr“ habe er vieles gelernt, was ihm „im Leben noch nützlich wurde“, sagte er bei einem Vortrag für „Die Rechte“ – auch das Boxen. Peller hatte sich übrigens freiwillig zur Waffen-SS gemeldet. Über den Zeitungsbericht zu ihrem Veteran dürften sich die Kameraden gefreut haben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen