Andreas Speit Der rechte Rand: Wie die NPD in Neumünster Präsenz zeigt
Die NPD hat in Schleswig-Holstein an Bedeutung verloren. Der Wahl- und auch Szenezuspruch ist gering. Doch es gibt eine Ausnahme: Neumünster.
In der kreisfreien Stadt tritt die älteste rechtsextreme Partei Deutschlands immer wieder mit öffentlichen Aktionen auf und sucht die politische Auseinandersetzung. Zuletzt beim Besuch des Landesinnenministers Hans-Joachim Grote (CDU) bei einer Bürgerversammlung zur Erweiterung der Erstaufnahmeunterkunft. An die 450 Besucher kamen in die Stadthalle, um sich über den geplanten Ausbau zu informieren und zu diskutieren. Die NPD wollte an diesem 24. September aber nicht mitreden. Stattdessen hielten Anhänger vor der Stadthalle ein Banner hoch: „1.500 Asylanten – Wir sagen Nein“ und verteilten Flugblätter. Auch bei der Unterkunft verteilten sie ihre Hetzschriften. „Ich kann auf das Gerede des Herrn Innenministers gut verzichten, es ist ja schon klar, wo die Reise hingehen soll“, schrieb Mark Proch, NPD-Fraktionsvorsitzender, auf der NPD-Webseite: „Nur die NPD spricht sich konsequent gegen eine Erweiterung aus.“
Proch war zwar nicht in der Halle, er weiß aber dennoch zu berichten, dass Anwohner einen Wertverlust ihrer Häuser fürchten, dass Frauen Ängste vor sexuelle Übergriffen äußerten, dass ein Polizeibeamter berichtete, dass seine 85-jährige Mutter sich nicht mehr alleine in die Innenstadt traue und Bewohner den „Verlust der Identität“ und die „mangelnde Rückführung“ beklagten. „Anwesende Bürger“ hätten ihm zudem erzählt, dass der Innenminister auf „diese Sorgen und Befürchtungen“ nur „oberflächlich“ eingegangen wäre.
Eine gewisse Bürgernähe kann der NPD nicht abgesprochen werden. Bei der letzten Kommunalwahl am 6. Mai konnte Porch nicht bloß sein Mandat im Rat der Stadt halten, mit knapp vier Prozent bekam zudem Horst Micheel für die NPD einen Ratssitz. Das Dauerthema der Partei: das „sogenannte ‚Ankerzentrum‘“.
In den Ratssitzungen bleiben die NPD-Politiker ihrer Strategie, der Kümmerer für die vermeintlichen einfachen Leute zu sein, treu. Mit Anträgen greifen sie auf, dass Personen mit negativen Schufa-Einträgen bei der städtischen Wohnungsgesellschaft „Wobau“ keine Wohnung erhalten würden oder schlagen vor, zur Belebung der Innenstadt eine kostenlosen „P&R-Busverkehr“ zum Designer-Outlet am Stadtrand einzurichten.
Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.
Die Präsenz der NPD dürfte viele Ursachen haben: Seit Jahrzehnten besteht in der Stadt eine rechte Szene, die sich durch Kneipen und Räume am Leben hält. Vor der Wahl räumte der damalige und jetzige CDU-Fraktionsvorsitzende ein, dass man sich zu wenig mit den NPD-Anträgen auseinander gesetzt habe. Und: Der NPD fehlt in Neumünster die Konkurrenz am rechten Rand. Die AfD ist dort kaum aktiv.
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