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Archiv-Artikel

standbild And the winner is: Hans Werner Olm

Von STG

„Deutschland sucht den Superstar“ (Sa., 21.15 Uhr, RTL)

Irgendwann zwischendurch sitze ich auf dem Klo, blättere (Frauentag!) in der Brigitte und finde eine tiefblaue Anzeige: „Darmträgheit macht traurig“. „Deutschland sucht den Superstar“ auch, und es ist genauso blau, blauer noch als der Grand-Prix-Vorentscheid und mit noch mehr – „wusch“ – durchs Auditorium wischenden Scheinwerfern.

Liebe Verwertungskette, überweist euer bisschen Hirn und Geld doch gleich an Bertelsmann, möchte man rufen und sucht schon fieberhaft nach der Bankleitzahl der Sparkasse Gütersloh.

Aber dann kommt die Mutter von Juliette ins Bild und sieht ein bisschen so aus wie Friede Springer, die Herrin über „Daniel: Alles über seine Bisexualität“ – Bild. Wer hat noch mal gesagt, dass in Deutschland das beste Fernsehen der Welt hat?

Die Medienkrise zwingt so manchen, fällt einem die Brigitte wieder ein: Wie fühlt sich eigentlich ein Qualitätsjournalist wie Andreas Lebert, wenn er jetzt „Pizza für alle titelt“? (Die Rezepte gehen gerade mal so.)

Brigitte gehört übrigens zu Gruner + Jahr, dem Zeitungsladen von Bertelsmann. Und Gunter Thielen, der neue Boss des Familienunternehmens „Reinhard, Liz und die lieben Kinderlein-Mohn, vormals Bertelsmann“, hat soeben das Bundesverdienstkreuz erhalten. Nein, nicht für Pizzarezepte und auch nicht für die „Superstars“. Obwohl deren Erfinder, Simon Fuller, der an dem ganzen Spektakel noch mehr verdient als Dieter Bohlen und Bertelsmann zusammen, wegen des großen Erfolgs der US-Version ja bei George W. Bush zu Kaffee und Keksen eingeladen war.

Vielleicht gab’s das Ding ja für die einzige lebensrettende Sofortmaßnahme am Unfallort „Superstar“: Hans Werner Olm. Was der Mensch in 30 Minuten Wartezeit schafft, sieht man sonst nur bei Sat.1. (Dies ist, bitte, als aufrichtiges Kompliment zu verstehen.)

Doch viel zu schnell war wieder alles blau und träge: „Bis du ein echter Fan von Alexander?“, muss sich eine als korpulente deutsche Hausfrau der frühen Siebzigerjahre aufgemachte Dragqueen fragen lassen – und sagt den einzigen intelligenten Satz des Abends: „Nein, man hat mich gezwungen.“ STG