Analyse: Ein ewiger Kampf
■ Wenn Kirch die Macht bei Sat.1 will, will er immer auch Macht bei Springer
Immer wenn es Krach im Springer-Aufsichtsrat gibt, geht er wieder los: der Kampf um Sat.1. In der Gesellschafterrunde des Senders treffen sich nämlich die Kontrahenten wieder, die auch den Verlag kontrollieren: Kirch und Springer – der Medienmogul hier, die Erben des Verlagsgründers Axel Springer dort. Kirch hat sich seit dessen Tod gegen den Willen der Verlagserben einerseits peu à peu 40 Prozent bei Springer gesichert, andererseits gehören Springer seit Jahresbeginn 40 Prozent bei Sat.1 (zuvor waren es 20). Drei Prozent weniger, als bisher Kirch hielt – das Ergebnis: ein Patt zwischen Kirch im wichtigen Sat.1-Aufsichtsrat und damit Dauerkrach. Seit Jahresbeginn erklärten immer wieder beide Seiten, sie wollten jetzt mehr: die Mehrheit bei Sat.1.
Kirch hat jetzt mehr. Seit vergangener Woche gehören ihm 58 Prozent von Sat.1, nachdem er die 15 Prozent des Holtzbrinck-Konzerns übernahm. Auf einen Teil davon hatte stets auch Springer Ansprüche angemeldet – der Sat.1-Vertrag garantiere solches dem Verlag. Das könnte Springer indes nur durch Klage durchsetzen, doch beide Seiten melden nun „partnerschaftliche Gespräche“. Eigentlich können Kirch bei Sat.1 wohl nur noch die Kartellwächter bremsen.
Denn Springer-Chef Richter kann sich im Augenblick wohl kaum den offenen Konflikt leisten. Indem Kirch geschickt agierte und Richter im Allmachtsrausch Fehler beging, gelang es dem Medienmogul, die Position des Verlagsschefs massiv zu beschädigen. Letzter Akt: am Wochenende von Kirch lancierte Berichte, nach denen der Springer-Aufsichtsrat beschloß, daß Richter nach Vertragsende im Jahr 1999 abserviert werden soll. Zwar stimmt das so nicht ganz, richtig ist aber, daß Springer-Erbin Friede auf Distanz zu dem Verlagschef gegangen ist. Das fing damit an, daß Richter eigenmächtig Bild-Politikchef Kai Diekmann geschaßt hatte und damit das Aufsichtsgremium düpierte. Dann wollte er das Recht, alle Chefredakteure selbst zu berufen. Zusammen mit den geschickt gesetzten Veröffentlichungen hat Kirch den Springer-Chef nun da, wo er ihn haben wollte: in einer Ecke, in der er nur noch verlieren kann. Die Behauptung („Richter muß 1999 gehen“) soll durch ihre Veröffentlichung wahr werden. Für Richters kostspieligen Sat.1-Anteilszukauf (er dürfte zu Jahresbeginn bis zu einer Viertelmilliarde dafür hingelegt haben) heißt diese Konstellation nun aber, daß das Ziel der Investition verspielt ist. Denn mehr Macht bei Sat.1 kriegt Richter nicht mehr, und das Weiterbestehen des Patts könnte er mit seinem Vorkaufsrecht nur durchsetzen, wenn er stark genug für den offenen Konflikt mit Kirch wäre. So bleibt Springers Sat.1-Engagement das Trauerspiel, das es von Anfang an war. Denn seit seiner Gründung 1984 macht der Sender dreistellige Millionenverluste. Und die werden seit jeher überwiegend von Springer und den anderen Kirch-Partnern getragen, weil dieser über seine Filmverkäufe an den Sender auf Kosten kommt. Richter hat gespielt und verloren, Kirch hat gespielt und gewonnen – einstweilen. Denn beide sind Spieler auf lange Distanz. Lutz Meier
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