Analyse: Gipfel noch nicht in Sicht
■ Netanjahus harter Kurs vertieft den Graben zwischen Israel und USA
Israels Ministerpräsident weicht einer Konfrontation mit den USA nicht aus. Zwar verschob US-Außenministerin Albright ihre Reise in die Niederlande, um zweimal mit Netanjahu zusammenzutreffen. Sie erklärte vor seinem Besuch, ein Ultimatum habe die US-Regierung Netanjahu nie gestellt. Doch Netanjahu verweigert einen 13prozentigen zweiten Teilrückzug aus den besetzten Gebieten nach wie vor. Man sei sich etwas nähergekommen, verlautete nach den Gesprächen. Aber für den geplanten Gipfel von Clinton, Netanjahu und Arafat reicht es nicht.
Washington hat ein vitales Interesse an der Aufrechterhaltung des Friedensprozesses. Es fürchtet, daß dessen Kollaps den gesamten Nahen Osten destabilisieren könnte. Wenn die USA beim zweiten Teilrückzug gegenüber Netanjahu nachgeben, untergraben sie zudem ihre Glaubwürdigkeit in der arabischen Welt. Diese Überlegungen haben zu einem größeren US-Engagement im Nahost-Friedensprozeß geführt und der Konsequenz, daß der Graben zwischen Israel und den USA tiefer wird.
Netanjahu fühlt sich mächtig und läßt sich der Unterstützung von Republikanerführer Newt Gingrich und Senatsführer Trent Lott versichern und instrumentalisiert die Rechte in den USA für seine politischen Ziele. Nach außen hin ist dieser Kampf noch nicht entschieden. Eine andere Spekulation besagt, daß Netanjahu mit seinen „Rambo-Manieren“ in Washington die heimische Rechte für die Annahme des US- Vorschlags weichklopfen will. Doch gelang es ihm in Washington nicht, Hardliner Ariel Sharon für eine Teilnahme an den Gesprächen mit Albright zu gewinnen. Ein anderes bekanntes Szenario wurde vielleicht deshalb jetzt erneut an die Wand gemalt. Neuwahlen im November und eine große Koalition zwischen dem Likud und der Arbeitspartei. Es könnte sein, daß Netanjahu schon die Androhung von Neuwahlen genügt, um die rechten und religiösen Parteien in die Pflicht zu nehmen. Georg Baltissen
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