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AnalyseEin leiser US-Rückzug

■ Von einer Irak-Krise zur nächsten

War der US-Truppenaufmarsch am Golf während der Irak-Krise im Februar mit viel Pauken und Trompeten begangen worden, geht der jetzige Abzug eher leise vonstatten. Einer der beiden Flugzeugträger mit Begleitflotte hat den Golf diese Woche in Richtung Japan verlassen. Nach einem von US-Verteidigungsminister William Cohen verkündeten Plan sollen von den jetzt stationierten 37.000 US-Soldaten „nur“ noch 17.000 bis 20.0000 übrigbleiben. Damit das Ganze nicht wie ein Rückzugsgefecht aussieht, erklärte Cohen, daß die USA im Falle einer neuen Krise innerhalb von 48 Stunden am Golf wieder voll präsent sein können.

Ob die Irak-Krise damit allerdings vom Tisch ist, bleibt mehr als fraglich. Die politische Führung in Bagdad sieht sich als den Sieger der Februar-Krise, die fast zu einer militärischen Konfrontation geführt hatte. Die in London erscheinende arabische Zeitschrift Al-Wasat nannte unlängst mehrere Gründe für der vermeintlichen irakischen Triumph. Bagdad hätte keine nennenswerten Zugeständnisse gemacht; die Krise habe weltweit eine Diskussion über das Ende der UN- Sanktionen gegen den Irak ausgelöst; die Fronten im UN-Sicherheitsrat zwischen der USA und Großbritannien auf der einen und Frankreich, Rußland und China auf der anderen Seite hätten sich vertieft. Auch in der arabischen Welt werde der Ruf lauter, den Irak nicht zuletzt innerhalb der arabischen Staatengemeinschaft zu rehabilitieren.

In Washington herrscht dagegen Ratlosigkeit. Obwohl die Wirkung der Sanktionen dort inzwischen angezweifelt wird, tut sich die US-Regierung mit einer alternativen Version, den Irak „einzudämmen“, schwer. Saddam Hussein loszuwerden scheint derzeit in weiter Ferne. Die Entsendung von Truppen nach Bagdad wird derzeit kaum mehr vorgeschlagen. Die Unterstützung der zerstrittenen irakischen Opposition ist gescheitert. Auch Saddam Hussein, wie jetzt vielerorts in den USA angeregt, wenigstens als Kriegsverbrecher abzuurteilen, dürfte vor Ort ebenfalls wenig ändern.

Es sind gerade diese neue irakische Selbstsicherheit und die US-Ratlosigkeit, die zur nächsten Krise führen werden. Spätestens, wenn im Oktober die Fortsetzung der UN-Sanktionen erneut vor dem Sicherheitsrat zur Debatte steht, ist der gegenwärtige, relativ ruhige Status quo kaum mehr zu halten. Lehnt der Sicherheitsrat eine Ende der Sanktionen ab, dann hat Saddam Hussein durch eine erneutes Eskalieren der Situation wenig zu verlieren. Viele Beobachter glauben, daß im Oktober die Stunde der Wahrheit schlagen wird. „Entweder gibt es einen Durchbruch mit einen zeitlich festgelegten graduellen Ende der Sanktionen oder eine militärische Konfrontation, durch die nicht nur das irakische Waffenarsenal, sondern auch eine Veränderung des Regimes in Bagdad anvisiert wird“, prophezeit die Zeitschrift Al-Wasat. Karim El-Gawhary

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