Analyse: Eigennützige Hilfe
■ Die USA drängen Japan, seine Reformversprechen endlich einzulösen
Die währungspolitische Kehrtwende der amerikanischen Notenbank Fed kam überraschend. Mit einer massiven Stützaktion der japanischen Währung sind die Finanzmärkte in Asien wieder beruhigt worden. Der Yen schoß um fast fünf Prozent hoch, die asiatischen Börsen notierten Rekordsteigerungen. Doch die Fed-Intervention ist nicht mehr als ein einzelner Sonnenstrahl im dicht bewölkten Himmel. Viel mußte Japans Premier Hashimoto dem US-Präsidenten Clinton versprechen. Große Zweifel sind aber angebracht, ob Japan diese Versprechen einlösen kann.
Die wichtigste Forderung der Amerikaner an die japanische Regierung ist, schleunigst den Finanzsektor von seinen faulen Krediten in Höhe von 1.000 Milliarden Mark zu befreien. Eine Aufgabe, an der Tokio in den vergangenen acht Jahren kläglich scheiterte. Inzwischen muß der Staat mindestens die Hälfte dieser Schulden übernehmen, wenn die nachhaltige Gesundung des Finanzsektors gelingen soll.
Woher das Geld für eine solche Rettungsaktion kommen soll, kann in Tokios Schaltzentralen niemand sagen. Hashimoto versicherte seinen Landsleuten nur zwölf Stunden nach dem Telefonat mit Clinton, daß öffentliche Gelder wohl vorerst nicht notwendig seien. Doch Hashimoto hat den Amerikanern noch mehr versprochen: eine grundlegende Reform des Steuersystems mit einer permanenten Senkung der Einkommen- und der Unternehmenssteuern. An diesem Dauerbrenner der japanischen Politik beißt sich Tokios Elite seit 20 Jahren erfolglos die Zähne aus. Zugabe ist die weitere Deregulierung des Marktes und die Revitalisierung des Immobilienwesens. Hashimoto hat Clinton also eine bahnbrechende Revolution des japanischen Wirtschaftsmodells versprochen – ein Ding der Unmöglichkeit.
Deshalb wird der Asientaifun weitertoben. Während sich Japan etwas beruhigt, geht es in Südkorea wieder los. Dort ist eine „schwarze Liste“ mit 55 kreditunwürdigen Firmen veröffentlicht worden. Gewerkschaftsdemonstrationen gegen weitere Entlassungen sind vorprogrammiert. Ein Brandherd nach dem anderen verunsichert die gesamte Region, bis zuletzt die Volksrepublik China in die Abwärtsspirale gezogen werden könnte.
Auch das hat die USA bewogen, die japanische Währung zu stützen. Denn ein Kurs von 148 Yen zum Dollar würde Chinas Exportindustrie enormen Schaden zufügen. Am Dienstag wurde diese Grenze beinahe erreicht. Washington hat eine Woche vor dem Chinabesuch von Präsident Clinton die Warnungen aus Peking offensichtlich ernst genommen. Nun ist Tokio in Washingtons Schuld und muß Resultate liefern. Ein Regierungswechsel als Auftakt wäre da kein schlechter Beginn. Andre Kunz, Tokio
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen