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AnalyseNeigezug hat Zukunft

■ Pfusch bei Adtranz schadet dem Image der billigen Alternative zum ICE

Sie fahren wieder. Aber sie neigen sich nicht – die Neitechzüge aus dem Hause Adtranz. Das Eisenbahnbundesamt hat die Züge aus der Baureihe VT 611 nur unter der Bedingung auf die Schienen zurückgelassen, daß die Fahrgastkabine bis auf weiteres in Kurven nicht mehr schräggestellt wird. Der Grund für die Auflage: Durch einen Fehler des Herstellers Adtranz hatte sich vor kurzem der Aufbau eines Waggons seitlich zu den Rädern verschoben. Außerdem ordnete das Eisenbahnbundesamt erneut an, daß die VT-611- Züge nur Tempo 120 statt 160 fahren dürfen. Dies verhindert auch, daß nebeneinandersitzende Fahrgäste in Kurven zu ungewollten Annäherungen gezwungen werden.

Fatal für die Zukunft der Eisenbahn wäre, wenn die Neigezüge durch den Pfusch bei Adtranz insgesamt aufs Abstellgleis gerieten. Denn die Technik selbst ist beherrschbar, wie die Pendolinos beweisen, die seit Jahren in Bayern und Italien unterwegs sind. Der einzige größere Unfall bei Bologna hatte mit der Neigetechnik nichts zu tun; der Lokführer war einfach zu schnell gefahren.

Doch ohne die Einführung von Neigetechnik auch in Hochgeschwindigkeitszügen wird die Bahn gegenüber Flugzeug und Straße noch weiter an Boden verlieren. Schließlich ist der Gleisbau für steife Züge zwei bis drei Mal so teuer wie für Neigezüge und somit für die DB kaum bezahlbar, wie der Münchner Verkehrsberater Karlheinz Rößler ausgerechnet hat. Der Grund für die günstige Alternative: Neigetechnikzüge können bei gleicher Geschwindigkeit wesentlich engere Kurven fahren als herkömmliche Modelle. Somit kann beim Neubau die Streckenführung der Landschaft wesentlich besser angepaßt werden. Viele Tunnel, die die Kosten besonders stark in die Höhe treiben, werden überflüssig. Dagegen sind Parallelplanungen auch zu kurvenreichen Autobahnen möglich. 50 Milliarden Mark sind im Bundesverkehrswegeplan für neue Schnellfahrtstrecken eingeplant. „Mit dem gleichen Geld könnte das ganze Land durch ein Schnellfahrnetz erschlossen werden“, sagt Rößler.

Um seine Thesen zu belegen, hat der Verkehrsplaner einen Teil der vorgesehenen ICE-Neubaustrecke von Köln ins Rhein-Main-Gebiet genauer untersucht. Bisher ist beabsichtigt, zwischen Ransbach-Baumbach und Elz mehrere Tunnel zu bauen, um die tief eingeschnittenen Täler im Naturpark Nassau zu verbinden. 880 Millionen Mark sind für diesen Abschnitt veranschlagt. Laut Rößler könnte man ebensogut mit 420 Millionen Mark auskommen – ohne daß die Fahrgäste länger unterwegs sind. Denn auf einem festen Fahrweg aus Beton, so wie er auf der Strecke Köln-Rhein/Main sowieso geplant ist, können Neigetechnikzüge auch schneller als mit 230 Stundenkilometern dahinbrausen. Annette Jensen

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