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AnalyseMehr Schein als Sein

■ Warum Doping bei rot-grünen Verhandlungen kein Thema war

Leistungssport aus dem Labor: Systematisch werde in Deutschland gedopt, erklärte Chris-Carol Bremer vom Aktivenverband der Schwimmer kürzlich. Unter der Anleitung von Ärzten und Betreuern werde geschluckt, gespritzt, betrogen. Und das erfolgreich: „Die Fälle, die bekannt werden, sind die Spitze des Eisbergs.“ Eine der HöchstleistungssportlerInnen auf dieser Spitze war zuletzt Marathonvorläuferin Uta Pippig; in Berlin geht der Prozeß gegen einen früheren DDR-Sportarzt weiter, der minderjährigen Schwimmerinnen männliche Hormone verabreicht haben soll. Der Vorwurf: Körperverletzung.

Immer wieder fordern Sportler, Verbandsfunktionäre und Politiker: Der Leistungssport muß sauber sein. Bei den Koalitionsverhandlungen zur Innenpolitik, in der der Sport angesiedelt ist, spielte die Dopingbekämpfung allerdings keine Rolle. „Es gibt zum jetzigen Zeitpunkt keinen Handlungsbedarf“, sagt Friedhelm Julius Beucher, Vizesprecher der SPD- Arbeitsgruppe Sport und Berater des designierten Bundesinnenministers Otto Schily, gegenüber der taz. Der Grund: das neue Dopinggesetz. Seit 11. September ist Doping in Deutschland kein Bagatelldelikt mehr. Wer Dopingmittel verschreibt oder verabreicht, muß mit hohen Strafen rechnen. Bis zu zehn Jahre Gefängnis riskiert, wer etwa minderjährigen Athleten unerlaubte Mittel verabreicht. Die früheren DDR-Schwimmtrainer kämen, würden sie jetzt dopen, nicht mehr so glimpflich davon. „Mittelfristig reicht das neue Gesetz nicht aus“, gibt Beucher zu. Einzelheiten über weitergehende Initiativen wollte er aber nicht nennen – zunächst müßten sich der Bundestag und die Ausschüsse konstituieren. Die Dopingfrage ist ein heißes Eisen: Harte Strafen zu fordern ist gesellschaftlich opportun; mancher Sportler wird vom Glanz einer Goldmedaille aber zu leicht geblendet. Problematisch ist deshalb, wie die Dopingregelungen überprüft werden sollen. Eine effektive Kontrolle ist nur in Zusammenarbeit mit Sportlern und Verbänden möglich, denn Athleten können die nötigen Blutuntersuchungen verweigern. Die Franzosen sind da weniger zimperlich: Beim Dopingskandal während der Tour de France wurden die Radprofis polizeilich zur Blutabnahme gezwungen; Betreuer und Trainer wanderten in Untersuchungshaft. Mehr Staat bei der Dopingbekämpfung fordern nun auch deutsche Spitzensportler wie Dauerläufer Dieter Baumann.

Eine Möglichkeit für staatlichen Druck wäre die Kürzung der Sportförderung. Bislang zahlte die Bundesregierung jährlich rund 220 Millionen Mark in die Kassen der Verbände. Der künftige Bundeskanzler Schröder will daran festhalten. Schließlich sei die gesellschaftliche Bedeutung des Sports immens. Kerstin Willers

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