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AnalyseDer Minister drückt

■ Telekom muß die Monatsmiete senken - zum Nachteil der Konkurrenz

Die Aufregung in der Boombranche Telekommunikation war am Wochenende groß. Grund war ein auf den ersten Blick simpler Antrag der Deutschen Telekom bei der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation, wieviel Monatsmiete denn nun Konkurrenten für einen Hausanschluß bei Kunden an den Ex-Monopolisten zahlen müssen. Der neue Wirtschaftsminister Werner Müller hatte Druck gemacht und der Telekom empfohlen, den Antrag noch einmal neu zu formulieren, weil er sonst abgelehnt würde. Die Telekom zog daraufhin den Antrag zurück und würde gern den derzeitigen, vorläufigen Preis von 20,65 Mark pro Monat bis Ende April gelten lassen.

Der Minister drückt Telekom muß die Monatsmiete senken – zum Nachteil der Konkurrenz

Eigentlich wollte die Telekom künftig für jeden Hausanschluß 47,26 Mark pro Monat kassieren. Die Regulierer in Bonn sollten heute entscheiden. Doch mit den Kommentaren von Minister Müller wurde letzte Woche klar, daß sie die Rechnung des rosa Riesen für zu hoch hielten. Der Aufschub scheint also ein positives Signal für Anbieter wie Arcor, Talkline und Co zu sein. Bei einem kommenden Schiedsspruch der Regulierungsbehörde werden sie wohl im Verhältnis zu den Wünschen der Telekom monatlich viel Geld sparen. Doch ausgerechnet ihr Branchenvertreter Jürgen Grützner zeigte sich wenig angetan von der Verschiebung des Antrags. Besser wäre eine Entscheidung schon am heutigen Montag gewesen, weil es sonst weiter „Unsicherheit am Markt“ gebe und der Wettbewerb auch im Ortsnetz weiter ausbleibe, meinte er am Wochenende. Müller sei „ein Anwalt der Telekom-Aktionäre“ (Hauptaktionär ist weiterhin der Staat selbst) „und der dortigen Mitarbeiter“, warf Grützner dem Wirtschaftsminister vor.

Der Hintergrund: Intern wird vermutet, daß die Regulierungsbehörde auf etwa 23 Mark entschieden hätte. Das wäre zwar etwas mehr gewesen als bisher, aber auch wesentlich weniger als von der Telekom gefordert. Und die kleinen und großen Fische im Haifischbecken Telefonmarkt hätten endlich sicher kalkulieren können, mit welchen Rabatten genau sie in den kommenden Monaten der Telekom weitere Kunden abspenstig machen können. Werbefeldzüge wären geordert worden, kreditgebende Bankenvertreter hätten über den Geschäftszahlen ihre Köpfe gebeugt. Nun muß die Branche weiter warten, und das ist vor allem eine Atempause für den gebeutelten Marktführer Deutsche Telekom.

Außerdem plagt die Konkurrenz noch ein schlimmer Verdacht: Daß Wirtschaftsminister Müller zwar die 47 Mark der Telekom für arg übertrieben hält – aber die vermuteten 23 Mark der Regulierungsbehörde für zu niedrig. Nun warten alle auf den neuen Antrag der Telekom. Reiner Metzger

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