: „An die hinterzogenen Steuergelder muß man ran“
■ Reinhard Bütikofer, Landesvorsitzender der Grünen in Baden-Württemberg, will eine Reform des Länderfinanzausgleichs. Aber er ist gegen den Wohlstandschauvinismus von Stoiber und Teufel
taz: Baden-Württemberg ist Geberland im Finanzausgleich. Alle Stuttgarter Landtagsparteien befürworten deshalb eine Reform, auch die Bündnisgrünen. Ist Solidarität mit den Schwachen kein Wert mehr bei den Grünen?
Reinhard Bütikofer: Halt. Unsere Landtagsfraktion hat zwar eine Reform nicht grundsätzlich abgelehnt, aber keineswegs gesagt, daß es in die gleiche Richtung gehen soll wie bei CDU, SPD, FDP und Republikanern. Ein konkretes Konzept hat die Fraktion allerdings noch nicht. Aber den Wohlstandschauvinismus der Herren Teufel und Stoiber tragen wir unter keinen Umständen mit.
Andere Geberländer wie Hessen und Nordrhein-Westfalen sind rot-grün regiert. Auch dort wollen die Ministerpräsidenten künftig weniger abgeben. Grüne Proteste dagegen sind nicht bekannt.
Eine gemeinsame grüne Position soll in den nächsten Wochen erarbeitet werden. Dabei müssen wir natürlich aufpassen, daß sich nicht innerhalb unserer Partei die gleichen Fronten zwischen Geber- und Nehmerländern herausbilden wie bei den Altparteien.
Wie könnte denn eine Reform des Finanzausgleichs aussehen?
Der Finanzausgleich darf nicht als isoliertes Problem betrachtet werden. Wenn dem Land Baden- Württemberg Geld in der Haushaltskasse fehlt, dann ist das nicht zuletzt Folge mangelhaften Steuereinzugs. Die Steuergewerkschaft schätzt, daß dem Fiskus bundesweit über 150 Milliarden Mark pro Jahr durch Stuerhinterziehung vorenthalten werden. An diese Gelder muß man ran.
Aber die reichen Länder wissen, daß diese Mehreinnahmen in den Finanzausgleich eingehen, und die armen Länder würden weniger aus dem Finanzausgleich bekommen, wenn sie mehr Geld einnähmen. Also stellt keiner mehr Steuerfahnder ein.
Richtig, da kommen die beiden Probleme zusammen. Ich schlage deshalb vor, bundesweite Mindeststandards für die Ausstattung der Steuerfahndung und den Rhythmus der Betriebsprüfung so zu vereinbaren, daß die Steuergesetze effektiv angewandt werden. Diese Standards müssen deutlich höher liegen als heute. Und wenn ein Land hinter diesen Standards zurückbleibt, dann darf es hieraus beim Finanzausgleich keine Vorteile ziehen.
Was wird zum Thema Finanzausgleich im grünen Bundestagswahlprogramm stehen?
Derzeit wird nur eine „Reform“ gefordert, wobei die konkrete Richtung leider offenbleibt. Wenigstens sollten wir dem Regionalchauvinismus klar entgegentreten. Interview: Christian Rath
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