Amerikanisierter Wahlkampf: Peer Obama

Das Team des SPD-Kanzlerkandidaten will einen Wahlkampf nach US-Vorbild führen. Zaubert das ein Leuchten in die Augen der Wähler?

Ein guter, wenn auch selbstgefälliger Redner: Peer Steinbrück. Bild: dpa

Morgens kann man in der Berliner S-Bahn einen unauffälligen Mann beobachten. Dunkle kurze Haare, dunkler Mantel, gleichmütiger Gesichtsausdruck. Dieser Mann heißt Michael Donnermeyer. Er ist der Sprecher von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Wenn er am Anhalter Bahnhof aussteigt, weiß man: Donnermeyer ist auf dem Weg zum Willy-Brandt-Haus, von wo aus er für Steinbrück einen Wahlkampf nach US-amerikanischem Vorbild zu zimmern versucht.

Gerade wurde bekannt, dass der Spitzenkandidat „mehrere Grundsatzreden“ halten will. Geplant sind laut Spiegel Online Vorträge zur deutschen Einheit, zur Integration sowie zur Außen- und Sicherheitspolitik. Kurz: Steinbrück als Politikerklärer und eine Art Ersatz-Gauck. In der SPD heißt es, der Kanzlerkandidat wolle sich auf diese Weise inhaltlich breiter aufstellen.

Zugleich soll er den Bürgern eine Wahlkampf-Performance bieten, die im US-Wahlkampf erlerntes Kopfkino erzeugt: Euphorisierte Menschenmassen in Townhalls, konzentrierte Gesichter von Menschen, die den Worten des charismatischen Kandidaten lauschen. Danach: Jubel, Konfetti, Emo-Musik, Auftritt von Frau und Kindern.

Schwarz-rot-goldener Konfettiregen

Geht so was im deutschen Wahlkampf, geht das mit Peer Steinbrück? Können die Wähler in … sagen wir, Bamberg – kann also dort, in den Augen der Bamberger, echte Begeisterung aufleuchten, wenn Peer Steinbrück eine seiner Reden hält? Wenn er, die Hand in der Tasche seiner dunkelblauen Anzughose, die „Bändigung der Finanzmärkte“ und die „Neuausrichtung des Ehegattensplittings“ verspricht und dabei versichert, seine Zuhörer „nicht hinter die Fichte führen“ zu wollen? Werden Applauswogen durch die Halle branden, wenn im schwarz-rot-goldenen Konfettiregen Gertrud Steinbrück ihren Peer umarmt?

Schon wahr: Versuch macht klug. Und warum sollte es die SPD nicht mal mit inhaltlichen Positionen und einem Personenwahlkampf à la Obama versuchen? An dieser Stelle lässt die Bundeskanzlerin mit ihren ewigen Wollsakkos, den Rauten-Händen und der gedämpften Rhetorik tatsächlich jede Menge Spielraum. Peer Steinbrück hingegen ist ein guter, wenn auch selbstgefälliger Redner.

Aber: So eine Bundestagswahl ist kein Fußball-WM-Finale. Wahlkampfveranstaltungen sind hierzulande eher Bier-und-Bratwurst-Sausen. Und Peer Steinbrück ist nun wirklich nicht der Kandidat, bei dessen Haifischgrinsen die Bürger von Ergriffenheit erfasst werden.

Medial ins Abseits gespielt

Hinzu kommt, dass der Kandidat und sein Beraterteam dafür gesorgt haben, dass sie aus der Parteizentrale eher nicht auf Unterstützung zählen können. Zu sehr hat sich der Ichling Steinbrück medial ins Abseits gespielt, zu groß ist der Schaden schon heute für die gesamte SPD. Mal war es die Debatte um Steinbrücks Nebeneinkünfte samt anschließender Forderung nach höheren Politikergehältern.

Dann der Rücktritt seines Online-Beraters Koidl, eines Hedgefonds-Beraters. Schließlich das Braunschweiger „Wohnzimmergespräch“, bei dem sich die „interessierten Wähler“ als Eltern einer ehemaligen Mitarbeiterin von Vizefraktionschef Hubertus Heil herausstellten. Zu guter Letzt das anonym finanzierte und abgeschaltete Peerblog.

Trotz dieser miesen PR-Bilanz, so hört man, werden Kritiker im Willy-Brandt-Haus abgemeiert: Das hier sei ganz gewiefter US-Wahlkampf, von dem sie schlicht nichts verstünden.

Ganz spurlos kann aber die Pleitenserie am „Team Steinbrück“ nicht vorübergegangen sein. Ab nächster Woche bekommt Chefsprecher Michael Donnermeyer eine Stellvertreterin. Jarmila Schneider heißt sie und war bislang Sprecherin der Bayern-SPD.

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