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American PieDie beiden Gretzkys

EishockeyDank Leon Draisaitl spielen die Edmonton Oilers noch um den Stanley Cup. Im deutschen Nationalteam freut man sich nicht darüber

Es war noch mehr als ein Drittel zu spielen, die Begegnung lange noch nicht zu Ende, da flogen die Hüte aufs Eis von Edmonton. Es waren vor allem Baseball-Kappen, ein paar Mützen und – zugegeben – kaum tatsächliche Hüte, die dem Hattrick vor mehr als anderthalb Jahrhunderten seinen Namen in der Sportwelt verschafft haben. Nicht ganz so alt, erst gut sechzig Jahre, ist die Tradition in der NHL, der besten Eishockey-Liga der Welt, Kopfbedeckungen aufs Spielfeld zu werfen, wenn ein Spieler drei Tore erzielt. Am Sonntag wurde sie erstmals Leon Draisaitl zuteil.

Der deutsche Profi war der überragende Mann beim 7:1-Sieg seiner Edmonton Oilers gegen die Anaheim Ducks. Neben den drei Toren legte der 21-jährige Kölner noch zwei Vorlagen auf und war so hauptverantwortlich dafür, dass die Oilers weiter im Rennen um den Stanley Cup sind. Am Mittwoch müssen sie in Anaheim zum entscheidenden siebten Spiel der Zweitrundenserie antreten: Die Sieger dürfen gegen die Nashville Predators um den Einzug in die Finalserie spielen, die Verlierer müssen in den Urlaub.

Oder auch zurück ins heimische Köln, um noch ein bisschen mehr Eishockey zu spielen. Denn in der alten Heimat drücken sie Leon Draisaitl nicht unbedingt die Daumen am Mittwoch. Dort spielt nämlich die deutsche Nationalmannschaft gerade die Vorrunde der Weltmeisterschaft und hofft darauf, dass Draisaitl sie verstärken möge. „Eine Person kann die Mannschaft definitiv verändern, und das ist Leon Draisaitl“, sagte Bundestrainer Marco Sturm, „er ist der beste deutsche Spieler, den wir haben“. Scheiden die Oilers am Mittwoch aus, könnte der Jungstar am Samstag gegen Italien im deutschen Trikot auflaufen.

Draisaitl wiederum, das darf man vermuten, würde lieber seine überragende Spielzeit mit dem NHL-Titel krönen. Sein drittes Jahr in der nordamerikanischen Elite-Liga war nicht nur sein persönlich bestes, sondern – zumindest statistisch gesehen – das beste, das jemals ein deutscher Profi ablieferte. 29 Tore und 48 Assists hievten den Stürmer in die Top Ten der Scorer und sicherten ihm einen 1,6-Millionen-Dollar-Bonus seines Vereins.

Trotzdem spielt Draisaitl, dessen Vater Peter einst 146 Mal in der deutschen Nationalmannschaft eingesetzt wurde, nur die zweite Geige in Edmonton. Die Hauptrolle besetzt Connor McDavid: Denn der 20-jährige Kanadier spielt zwar erst sein zweites Jahr in der NHL, ist aber schon Kapitän der Oilers und wurde von der Presse wie Draisaitl nicht nur zum „German Gretzky“, sondern sogar zum „Next One“, also zum Nachfolger von Wayne „The Great One“ Gretzky, gekürt. Auch Gretzky selbst, der die Oilers in den 80er-Jahren zu vier Stanley-Cup-Triumphen geführt hatte, findet seinen designierten Nachfolger prima: „Für mich gibt es keinen Zweifel, dass Connor der beste 20-jährige Eishockeyspieler ist, den ich je gesehen habe.“ Nun ist Gretzky auch für seine Höflichkeit bekannt, aber tatsächlich hat McDavid in den Augen vieler Experten schon jetzt Sidney Crosby den Rang als aktuell bester Eishockeyspieler des Planeten abgelaufen. Die reguläre Saison beschloss er als Top-Scorer – jünger hatten das vor ihm nur der echte Gretzky und Crosby geschafft.

Schon jetzt gilt McDavid als antrittschnellster Schlittschuhläufer in der NHL und ergänzt sich deshalb perfekt mit dem 98 Kilo schweren, vergleichsweise bulligen Draisaitl. Die beiden sind die neuen Helden im eishockeyverrückten Edmonton, das schwer darunter gelitten hatte, dass sich die Oilers in den vergangenen zehn Jahren nicht einmal mehr für die Playoffs qualifizierten. Nun könnten sie die ruhmreichen Zeiten der Edmonton Oilers wiederbeleben. In der kanadischen Öl-Kapitale wären sie begeistert – in Köln dagegen weniger.

Thomas Winkler

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