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American PieDer neue General und eine alte Diva

BasketballDennis Schröder muss mit dem Start der NBA-Saison bei den Atlanta Hawks eine sehr komplizierte Aufgabe lösen

Nein, Dennis Schröder ist nicht die große Geschichte in Atlanta. Das ist die Heimkehr von Dwight Howard. Auf dem einstmals besten Center der Welt, der in Atlanta geboren und aufgewachsen ist, ruhen die Hoffnungen vor der neuen Saison, die für die Atlanta Hawks am Donnerstag beginnt. Ob der verlorene Sohn an alte, glorreiche Zeiten anknüpfen kann, oder ob er seinen sportlichen Niedergang fortsetzen wird, diese Frage vor allem stellen sich die Fans des Basketballteams aus der Südstaatenmetropole. Ähnlich nervös allerdings macht sie die Aussicht, dass Dennis Schröder nun das Kommando über die Hawks übernimmt.

„Mir gehört jetzt das Team“, verkündete Schröder im Sommer, als bekannt geworden war, dass die Hawks den Konkurrenten Jeff Teague an die Indiana Pacers verkauft hatten. Das war durchaus die richtige Einschätzung: Mit dem Abschied des 28-jährigen Teague war klar, dass der Klub auf den fünf Jahre jüngeren Schröder baut. Der Braunschweiger, der die vergangenen drei Jahre vornehmlich als Ersatz für Teague von der Bank gekommen war, ist nun als erster Aufbauspieler gesetzt.

Die Entscheidung für Schröder, sagt Mike Budenholzer, der Trainer der Hawks, sei „der nächste logische Schritt in einer natürlichen Entwicklung“ gewesen. Er meint damit die Entwicklung des deutschen Nationalspielers, die kontinuierlich nach oben zeigte, allerdings auch nicht ohne Rückschritte verlief. Die Hawks-Verantwortlichen wissen, dass Schröder weiter an sich arbeiten muss. Er ist zwar bereits einer der besten Verteidiger in der NBA auf seiner Position, aber noch leistet sich Schröder zu viele Ballverluste, noch immer ist sein Wurf von außen nicht sicher genug. Solange Schröder sich nicht als ernstzunehmender Drei-Punkt-Schütze etabliert, wird es für ihn auch schwer, seine größte Stärke auszuspielen, mit seiner exorbitanten Schnelligkeit zum Korb zu ziehen.

Vor allem aber erwarten die Hawks von Schröder, dass er endgültig erwachsen wird. Denn als Point Guard muss der Deutsche eine Führungsposition im Team einnehmen, „floor general“ nennen die Amerikaner nicht umsonst den Aufbauspieler in einer Basketballmannschaft. Dass Schröder sich selbst zutraut, den General zu spielen, ist keine Überraschung: An Selbstbewusstsein hat es ihm noch nie gefehlt. „Es gibt keinen Druck“, verkündet er und auch sein Trainer ist zuversichtlich. Budenholzer erklärt: „Er ist dankbar, dass wir ihm das Vertrauen schenken, und setzt dieses Vertrauen um in noch mehr Selbstbewusstsein.“

Aber in seiner neuen Rolle braucht Schröder allerdings mehr als ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein. Als Aufbauspieler in der Startformation wird es für ihn darum gehen, nicht nur selbst zu brillieren, sondern auch seine Mitspieler einzubeziehen und bei Laune zu halten. Kein einfaches Unterfangen in der von starken Egos dominierten NBA.

Vor allem die Laune von Dwight Howard könnte ein Problem werden, gilt der 2,11-Meter-Riese doch als leicht beleidigte Diva. Bei seinen letzten Stationen spielte er nur die zweite Geige. Auch zuletzt in Houston gab es Ärger. Howard wirkte demotiviert, verdarb die Stimmung im Team und forderte schließlich einen Wechsel.

Nun fragen sich die Experten, ob der Neuzugang ausgerechnet bei den Hawks gut aufgehoben sein wird. Denn die waren in den vergangenen Jahren unter Budenholzer mit einem mannschaftsdienlichen Basketball erfolgreich, wie er in der auf Stars fixierten NBA nur selten gespielt wird. Auch das bisherige Offensiv-System spielt dem Heimkehrer Howard nicht unbedingt in die Karten: Die Hawks bevorzugen einen passorientierten, schnellen Basketball. Howard dagegen agiert lieber mit dem Rücken zum Korb und setzt auf seine körperliche Überlegenheit. Dennis Schröders Aufgabe wird es sein, diese Quadratur des Kreises auf dem Spielfeld umzusetzen. Thomas Winkler

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