piwik no script img

American PieDie Patrioten wollen den Rekord

AMERICAN FOOTBALL Vier Teams sind auf der Jagd nach der perfekten Saison der Miami Dolphins aus dem Jahr 1972

Nein, es war wirklich nicht schön, aber es war ein Sieg. Und es war der siebte Sieg in Serie. Eine Verlängerung und viel Glück brauchten die Carolina Panthers im Montagabendspiel der NFL, um ihre Serie am Leben zu erhalten.

Es regnete in Strömen in Charlotte, der nasse Ball flutschte durch steife Finger, simple Extrapunkte wurden versemmelt, einfache Pässe nicht gefangen. 29:26 gewannen sie schließlich gegen die Indianapolis Colts. „Ich wünschte, es wäre hübscher gewesen“, sagte Tight End Greg Olsen, „aber wir finden anscheinend immer einen Weg, zu gewinnen.“

Sieben Siege, keine Niederlage, die Carolina Panthers sind weiterhin ungeschlagen. Damit sind sie nicht allein. Auch die Denver Broncos, die New England Patriots und die Cincinnati Bengals haben noch eine weiße Weste. So viele unbesiegte Mannschaften hat es zu diesem späten Zeitpunkt in einer NFL-Saison in der 95-jährigen Historie der Football-Liga noch nie gegeben.

Das dürfte ein paar ältere Herren in Florida nervös machen. Im Jahre 1972 gelang den Miami Dolphins als einziger Mannschaft in der NFL-Geschichte der Durchmarsch. Die ganze reguläre Saison, die damals aber nur 14 und nicht wie heute 16 Spiele umfasste, blieben sie ungeschlagen, siegten weiter in den Playoffs und gewannen zum Abschluss auch den Superbowl. 17 Siege, keine Niederlage, die perfekte Saison.

Schampus und Diät-Cola

Seitdem, so geht die Legende, köpfen die Spieler der 72er Dolphins, die noch am Leben sind, eine Flasche Sekt, wenn sich das letzte ungeschlagene Team die erste Niederlage einfängt. Mittlerweile, so verriet der 70-jährige Bob Griese, einst Quarterback der Ungeschlagenen, lasse man das mit dem Sekt aber bleiben. Aus gesundheitlichen Gründen feiere man den Erhalt der eigenen Einzigartigkeit mit einer Dose Diät-Cola.

Am längsten auf ihre Cola mussten die alt gewordenen Dolphins 2007 warten. Die New England Patriots fegten mit einmaliger Offensivkraft durch die Saison, brachen jeden verfügbaren Rekord und gewannen Spiel um Spiel. Nach 18 Siegen in Serie aber war ausgerechnet beim Superbowl das Glück aufgebraucht: Die Patriots um Quarterback Tom Brady verloren eines der dramatischsten NFL-Endspiele aller Zeiten gegen die New York Giants.

Bradys Traum

Die Patriots gehören auch nun wieder zu den noch ungeschlagenen Mannschaften. Brady ist zwar schon 38 Jahre alt, aber spielt so gut wie lange nicht. Alle Fragen, ob seiner Mannschaft eine perfekte Saison gelingen könnte, kontert der Sonnyboy der Liga stoisch: „Wir haben nur eine Mission: das nächste Spiel. Das klingt wie ein Klischee, ist es aber nicht. Unsere Aufmerksamkeitsspanne reicht nur für eine Woche.“

Die Experten sind sich trotz der Konzentra­tions­schwäche der amtierenden Superbowl-Champions einig: Die Patriots sind die einzige der vier noch unbesiegten Mannschaften, der tatsächlich zuzutrauen ist, die Großtat der 72er Dolphins zu wiederholen. Die Panthers wirken zu unbeständig, die Bengals gelten als zu unerfahren, und bei den Broncos leitet ein gewisser Peyton Manning die Angriffsbemühungen.

Manning ist zweifellos einer der besten Quarterbacks, die jemals das Lederei in der NFL geworfen haben, aber in dieser Saison wird im Gegensatz zu seinem ewigen, nur ein Jahr jüngeren Widersacher Brady schmerzhaft deutlich, dass sein Körper nach mehr als 17 Jahren Profifootball arg ramponiert ist. Längere Pässe bringt er gar nicht mehr an, die kurzen flattern bisweilen durch die Luft, als wären sie von einem Anfänger geworfen. Die Broncos haben nicht wegen, sondern eher trotz Manning bislang nur Siege eingefahren.

In vier Wochen kommt es dann in Denver zum direkten Aufeinandertreffen der beiden großen alten Männer. Danach wird es zumindest nur noch drei ungeschlagene NFL-Mannschaften geben. THOMAS WINKLER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen