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American PieUm Geld und Macht

April Heinrichs, neue Trainerin des US-Fußballteams, steht ohne Spielerinnen da

But I knew I was out of luck

Die Sportlerinnen haben den Aufstand geprobt und vorerst verloren. Vordergründig geht es ums Geld beim seit Monaten schwelenden Zwist zwischen dem Fußballnationalteam der Frauen und dem Verband. Die tiefere Dimension heißt Linientreue, Disziplin und Gehorsam. Die öffentliche Meinung mischte mächtig mit. Auf Seiten der „Babes of Summer“ natürlich, die im letzten Jahr vor heimischer Kulisse die Weltmeisterschaft geholt hatten. Danach verwandelten sich die USA in „Babe City“, wie Talk-Host David Letterman formulierte. Mia Hamm, Brandi Chastain, Michelle Akers und wie sie alle heißen, kassierten einen Beliebtheits-Award nach dem anderen. Die Welt schien rosarot.

Aber nur vor den Kulissen. Dahinter gab es harte Vertragskämpfe. Die Spielerinnen samt Trainerstab auf der einen, der Verband auf der anderen Seite. Mit dem Titelgewinn im Juli liefen die Verträge der Spielerinnen aus, die bis dahin 3.150 Dollar monatlich erhalten hatten, zuzüglich Goldprämie und 750.000 Dollar für das Team vom WM-Organisationskomitee. Neue verbesserte Verträge? Fehlanzeige. Der Verband wollte zu den alten Bedingungen weiter machen.

Die Spielerinnen aber hatten mit der „Victory-Tour“ ein Angebot über 100.000 Dollar, das nicht das Verbandssäckel, sondern die eigenen Taschen füllte. In zwölf Städten ließen sie sich, organisiert von Sponsoren aus der Wirtschaft, gegen internationale Einladungsteams abfeiern. Gut 136.000 Fans sahen den privaten Hallen-Funkick, der dem Verband ein Dorn im Auge war. Neue Verträge bot er weiterhin nicht.

Die Trainer stellten sich vor die Forderung ihres Kaders nach besseren Bezügen. Im November quittierte Chefcoach Tony DiCicco aus Ärger darüber, wie der Verband mit seinen Weltmeisterinnen umging, den Dienst. Bei der Suche eines Nachfolgers tat sich der Verband schwer. Nach mehreren Bewerbungen und Anhörungen inthronisierte Chef-Unterhändler Alan Rothenberg im Auftrag von Präsident Robert Contigulia letzte Woche anstelle der vom Team favorisierten bisherigen Assistentinnen DiCiccos die 36-jährige April Heinrichs. Diese war Kapitänin der 91er-WM-Mannschaft, Assistentin von DiCicco 1995 bei der WM (Bronze) und 1996 bei Olympia (Gold), bevor sie die U-16 Mädchen übernahm.

Jetzt sind schnelle Entscheidungen gefragt. „Es entsteht allmählich Zeitdruck, wenn nicht bald ein Spielerinnenkader unter Vertrag genommen wird“, sagt die neue Trainerin mit Blickrichtung Olympiaturnier in Sydney. Schon am 5. Februar beim Prestigetreffen mit Ex-Weltmeister Norwegen in Florida möchte sie 41 Spielerinnen im Kader sehen, der dann über das Jahr auf die 16 Namen für die olympische Goldmission reduziert werden soll. Noch aber sind alle 20 Weltmeisterinnen im Streik und mindestens vier werden durchfallen. Insider munkeln, das Co-Captain Julie Foudy (166 Einsätze) dazu gehören könnte, weil sie als Teamsprecherin die Victory-Tour forciert hat.

Die Spielerinnen fordern künftig 5.000 Dollar monatlich, 2.000 Dollar Auflaufprämie und Aufwanderstattung im Trainingslager. Ansonsten wird weiter gestreikt. Anfang Januar musste der Verband deshalb bereits studentischen Ersatz zu einem Turnier nach Australien schicken. Generalsekretär Hank Steinbrecher lästerte damals, bei den Streikenden handle es sich lediglich „um ein paar arbeitslose Sportlerinnen, die sich weigern, für ihr Land Ehre einzulegen“. Keine optimalen Voraussetzungen für die gestern in Los Angeles wieder aufgenommenen Verhandlungen zwischen Alan Rothenberg und Spielerinnen-Anwalt John Langel. Rainer Hennies

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