Amazon entschuldigt sich für Lieferprobleme: E-Book-Lesegerät "Kindle" ausverkauft
Trotz Kritik von Testern verkauft sich Amazons elektonischer Buchleser "Kindle" in den USA offenbar gut. Konkurrenten experimentieren mit anderen Ideen für Online-Vertrieb.
Offenbar verkauft sich Amazons E-Book-Lesegerät "Kindle" besser als bislang angenommen. Jeff Bezos, Firmengründer und CEO des Unternehmens, schrieb in einem Brief an die Kundschaft, man habe die Nachfrage nach dem Gerät trotz großer Hoffnungen unterschätzt. Am Tag des Verkaufsstart seien die ersten Modelle innerhalb von fünfeinhalb Stunden ausverkauft gewesen. "Seither versuchen wir fieberhaft, unsere Produktionskapazität zu erhöhen", so Bezos. Derzeit ist der Kindle auf Amazon.com nur vorbestellbar, einen Liefertermin nennt das Unternehmen nicht. Bezos ging in seinem Brief aber davon aus "in den nächsten paar Wochen" wieder Geräte vorrätig zu haben. Das Ziel sei dann, innerhalb von einem Tag jede Bestellung ausliefern zu können.
Genaue Verkaufszahlen nannte Bezos allerdings nicht, was Skeptiker auf den Plan rief - es könne sein, dass Amazon die Gerätezahl verknappt habe. Das Wall Street Journal berichtete von entsprechenden Gerüchten. Denn Amazon habe sich stets geweigert, Umsätze zu beziffern. Andere Branchenbeobachter stellten wiederum eine gute Nachfrage nach dem Gerät im Januar fest, schreibt das Blatt. Auch hätten einige E-Book-Verkäufer berichtet, die Nachfrage sei groß.
Einen Reinfall kann sich Amazon auch nicht leisten. Der "Kindle", der im November 2007 zunächst nur in den USA auf den Markt kam, ist das am bislang stärksten beworbene elektronische Buch, das die Branche hervorgebracht hat. Auch das Angebot an vorhandenen Inhalten gilt als besonders groß. Man erwirbt Titel für rund 10 Dollar drahtlos über das Internet, dazu hat Amazon einen Vertrag mit dem US-Handynetzbetreiber Sprint abgeschlossen, der die Bücher für den Kunden kostenlos auf das Gerät schickt. Ein Einkauf ist so überall dort möglich, wo Mobilfunkempfang vorhanden ist. Diese Funktionen wurden von Kritikern allgemein gelobt. Doch die Bedienbarkeit des "Kindle" hatte auch einigen Spott hervorgebracht. So wisse der Kunde nicht, wie er das E-Book zu halten habe, weil die Vor- und Zurück-Tasten ungeschickt angeordnet seien, so Kritiker.
Neben Tests mit E-Books wie "Kindle" experimentiert die Verlagsbranche unterdessen auch mit anderen neuartigen Vertriebsmodellen. So begann die Bertelsmann-Verlagstochter Random House im Februar mit dem Verkauf einzelner Kapitel populärer Wirtschaftstitel wie "Made to Stick". Dabei bezahlt man für rund 40 Seiten jeweils drei US-Dollar, angeboten werden die Inhalte im kopiergeschützten PDF-Format. Konkurrent HarperCollins, ein Unternehmen des Murdoch-Medienkonzerns News Corporation, setzt hingegen auf Gratisinhalte als Werbung für neue Bücher. So werden Titel des Bestseller-Autoren Paulo Coelho direkt auf der Website im so genannten "Browse Inside"-Dienst angezeigt: Jede Seite des Buches ist so direkt in Firefox oder Internet Explorer lesbar. Der Verlag hofft dabei offenbar, dass dem Nutzer dies auf Dauer zu unbequem wird und er dann mit wenigen Klicks das gedruckte Werk erwirbt. Autor Coelho glaubt ebenfalls, dass sich diese Großzügigkeit auszahlt - auf einer Konferenz in München hatte er im Frühjahr bereits betont, das Veröffentlichen seiner Werke im Internet (auch illegal) nütze dem Verkauf mehr, als es ihm schade.
Auch im Bereich der Hörbücher scheinen erste Verlage offener gegenüber dem Internet zu werden. Ähnlich wie Musikkonzerne auch beginnen Großverleger wie Penguin Books, ihre Audiobooks ohne Kopierschutz im MP3-Format anzubieten. Bislang lagen die meisten Hörbücher, die man im Internet erwerben konnte, im Rechtemangement-Format des Branchenführers Audible vor, der inzwischen von Amazon übernommen wurde. Dort verkauft man seit kurzem in den USA ebenfalls kopierschutzfreie Musik, so dass Experten vermuten, dass auch Audible bald sein Angebot entsprechend umstellen könnte. Der Vorteil: Hörbücher laufen dann auf allen bekannten Abspielgeräten. Auch für Autoren lohnen sich die MP3s: Erste Verlage, die die Bücher ungeschützt vertreiben, geben höhere Tantiemen ab, weil sie weniger Geld in komplexe Rechtemanagementsystem investieren müssen. Es stünde Autoren aber frei, ob sie sich für oder gegen einen Kopierschutz entschieden, hieß es in einem Memo an Autoren, das ein Großverlag verschickte.
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