piwik no script img

Altkanzler gestorbenHelmut Kohl ist tot

Der langjährige Bundeskanzler und CDU-Politiker Helmut Kohl ist am Freitag in seinem Haus in Ludwigshafen gestorben. Er wurde 87 Jahre alt.

Von 1982 bis 1998 Bundeskanzler: Helmut Kohl Foto: reuters

Berlin dpa/taz | Helmut Kohl ist tot. Der Altkanzler starb im Alter von 87 Jahren, wie sein Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner der Deutschen Presse-Agentur am Freitag mitteilte. Die Bild-Zeitung hatte zuvor berichtet, Kohl sei am Morgen in seinem Haus in Ludwigshafen gestorben. Die Bundeszentrale der CDU teilte am frühen Freitagabend auf Twitter mit: „Wir trauern“.

Seit einem Sturz und Schädel-Hirn-Trauma 2008 war Kohl schwer krank und saß im Rollstuhl. 2015 hatte sich sein Zustand deutlich verschlechtert, nach monatelangem Klinikaufenthalt kam er aber wieder zu Kräften. Im April 2016 hatte er zuhause in Oggersheim Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orban empfangen.

Kohl hat Deutschland von 1982 bis 1998 als Bundeskanzler regiert – 16 Jahre, so lange wie bisher niemand vor und nach ihm. Er war Wegbereiter der Europäischen Union und einer gemeinsamen Währung.

Als sein größter Erfolg gilt die deutsche Wiedervereinigung. Kohl erkannte nach der friedlichen Revolution in der DDR 1989, dass das Fenster für die deutsche Einheit nur kurz geöffnet sein würde. Unter Hochdruck handelte er mit den Staats- und Regierungschefs der USA, Russlands, Großbritanniens, Frankreichs sowie den Verantwortlichen der Europäischen Union die Modalitäten dafür aus.

Von 1969 bis 1976 war der geborene Ludwigshafener Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, von 1973 bis 1998 war er CDU-Bundesvorsitzender. Anfang der 90er Jahre war Kohl Ziehvater von Angela Merkel in Bundesregierung und Partei. Wegen einer Spendenaffäre, in die Kohl maßgeblich verwickelt war, forderte Merkel Ende der 90er Jahre als damalige CDU-Generalsekretärin die Partei zur Loslösung vom Übervater auf. Ihr Verhältnis zu Kohl blieb bis zuletzt belastet.

Das einzige Interview, das Helmut Kohl der taz je gab, lesen Sie hier.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Meine Prognose: Kohl wird in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten medial sowie überparteilich heilig gesprochen und gewinnt im September postum die Wahl für Merkel. Interessant dabei ist nur: Innenpolisch geradezu sinnbildlich konservativ, reaktionär und patriarchalisch war Kohl für wahr ein großer Europäer (Ja ja und der Kanzler der Einheit, geschenkt!). Dabei hat die verheerende Austeritäts-Politik der Merkel-CDU in etwa so viel mit Kohls Visionen und Bemühungen um die politische Intergration Europas zu tun wie die Adjektive christlich und sozial mit Horst Seehofer.

     

    Rest in Peace.

    • @Ingo Arntz:

      Als Lehrer an einer weiterführenden Schule in Südtirol, der Freud gelesen hat und tagtäglich Menschen beobachtet, kann ich nur sagen: Der Vaterkomplex ist unsrer europäisch-patriarchalischen Welt zutiefst zueigen. Die "Mitte" wird ihren Heiligen stets hochhalten, um damit über sich selbst hinauszuwachsen (Ich-Verschiebung). Kohl der Einer und Aussöhner --> Richter und Lenker --> Vater Europas. Nicht umsonst wird der Aufstieg Merkels, den die Union ihr nie verzeihen wird, oft als Vatermord gedeutet.

      Zudem macht der "Vater Europas" die Deutschen zum Vatervolk schlechthin. Das, was man sich trotz zweier verlorener Weltkriege immer noch wünscht. G20 zeigt, dass der Rest Europas Deutschland nicht als Vater will.

      Vielleicht ist aber auch die Idee "Europa" an sich falsch, zumindest die aktuelle Lage lädt Deutschland dazu ein, sich mehr mit sich selbst als mit dem Rest der Welt zu beschäftigen. Eingeforderte Vaterrolle --> Versagen in der Kommunikation mit den Kindern.

       

      Rest in Pizza.

  • Ein Beutekanzler tritt endgültig ab. Wer hätte das jetzt noch für möglich gehalten? Vieles von seinem Wirken bleibt wahrscheinlich für immer im Dunklen - dafür hat er beizeiten gründlich Sorge getragen. So wird man sich - mangels genauerer Informationen - wohl wieder sehr schnell darauf einigen, dass er ein großer Mann war. Wer von Euch unter 1,93m könnte das auch ernsthaft bestreiten?

    • @Rainer B.:

      Mein Gottchen, haben Sie es immer noch nicht verdauen können, dass der realsozialistische DDR-Knast eine große Lüge war?

      • @Rudolf Fissner:

        Da wissen Sie mehr als ich.