Althaus nach Bild-Interview in der Kritik: Eine „inakzeptable Inszenierung“
Ende der Schonfrist für Dieter Althaus: Nach seiner öffentlichen Rückmeldung via Bild-Zeitung wird der Ministerpräsident Thüringens von der Opposition scharf kritisiert. Selbst Parteifreunde sind verärgert.
ERFURT ap/dpa Mit seinem ersten Zeitungsinterview nach dem schweren Skiunfall hat der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus politische Freunde wie Gegner gleichermaßen verärgert. "Ich halte nichts davon", sagte der CDU-Landesgeschäftsführer und Wahlkampfchef Andreas Minschke. "Althaus ist noch krank, da besteht nicht der Zwang zum Fotoshooting."
Bodo Ramelow, Spitzenkandidat der Linkspartei in Thüringen, sagte der Thüringer Allgemeinen Althaus habe mit dem Interview in der Bild eine "inakzeptable Inszenierung" geliefert. Wenn der Regierungschef die Opposition auffordere, den Skiunfall und dessen Folgen aus dem Wahlkampf herauszuhalten, müsse er das "bitteschön auch selbst tun".
Stattdessen beginne nun ganz offensichtlich eine Daily Soap, um mit einer "rührseligen Geschichte auf billige Weise Wählerstimmen zu ergattern". Thüringen sei damit "endgültig zu einem Operettenstaat der CDU verkommen", Althaus Verhalten "der jetzigen Krisensituation keinesfalls angemessen".
Ähnlich beurteilt das SPD-Chef Christoph Matschie, der Althaus vorwirft, sich fragwürdig in Szene zu setzen.
Dieter Althaus hatte in der Bild-Zeitung erklärt, für die politisch Verantwortlichen in Thüringen inzwischen wieder erreichbar zu sein. "Richtig in die Vollen gehen" könne er aber wahrscheinlich erst im Frühsommer. In den ersten Wochen nach seinem Skiunfall sei er aufgrund seiner Verletzungen und wegen starker Medikamente zunächst unkonzentriert gewesen und habe seine Ruhe haben wollen. "Aber das hat sich in den letzten zwei Wochen geändert. Meine Ärzte haben die Medikamente stark herunterdosiert. Und ich fühle mich sehr viel besser", zitierte ihn das Boulevardblatt.
Weiter erklärte Althaus, seine Erinnerung an den Neujahrstag würden mit der Fahrt zur Skipiste abreißen: "Ich habe überhaupt keine Erinnerung an das Geschehene. Auch nicht an die ersten Tage nach dem Unglück. Diese Zeit ist wie abgeschnitten." Dass die Bilder wiederkehrten, hielten die Ärzte für ausgeschlossen.
Als ihm seine Frau von dem tödlichen Unglück berichtet habe, sei dies für ihn "ein furchtbarer Schock" gewesen, sagte Althaus. "Es lässt mich auch jetzt noch nicht los, das ein so schreckliches Unglück passieren konnte. Und dass ich in diesen tragischen Unfall verwickelt bin. Aber für mich und meine Frau stand von Anfang an fest, dass ich zu meiner Verantwortung stehe", erklärte er.
Althaus war am Neujahrstag auf einer Skipiste in Österreich mit einer 41-Jährigen Frau zusammengeprallt, die ihren schweren Schädelverletzungen erlag. Daraufhin verurteilte ihn ein österreichisches Gericht wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 33.300 Euro. Am Samstag war der Politiker auf einer Delegiertenversammlung in Abwesenheit zum Spitzenkandidaten der Thüringer CDU für die Landtagswahl gewählt worden.
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