Alternativen zur Ökostromförderung: U-Turn in der Energiewende
Alle sind sich einig: Es braucht eine Kostenreform. Regierungsberater fordern eine radikale Abkehr von der Förderung erneuerbarer Energien.
BERLIN dpa | Ein wichtiges Beratergremium der Bundesregierung fordert einen Ausstieg aus dem milliardenschweren Fördersystem für erneuerbare Energien. Die Monopolkommission legte am Donnerstag in Berlin Vorschläge für ein Quotenmodell nach schwedischem Vorbild vor.
Demnach gäbe es nicht wie bisher unbegrenzt für Solar- und Windstrom auf 20 Jahre garantierte Vergütungen für jede Kilowattstunde. Sondern Versorger müssten eine bestimmte Ökostromquote in ihrem Angebot erfüllen, Wind- und Solarparks und Biogasanlagen müssten darum buhlen, wer das beste Angebot macht. Da aber Wind an Land derzeit am günstigsten ist, würde sich der Ausbau wohl hierauf konzentrieren.
Grünstromproduzenten würden Zertifikate erhalten, die auch separat verkauft werden könnten. Die Versorger müssten mit erworbenen Zertifikaten nachweisen, dass sie ihre Quote erfüllt haben. Schon 2011 hatte das Beratergremium von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) ein solches Modell gefordert. Die neuen Vorschläge liegen nah an Vorschlägen der FDP in ihrem Wahlprogramm. Aber es ist umstritten.
Zum einen gilt für alle bisher installierten Biogasanlagen, Solar- und Windparks Bestandsschutz - die über den Marktpreisen liegenden Vergütungen müssen auf 20 Jahre bezahlt werden. Somit bleibt ein enormer Kostenblock bestehen - die Förderkosten betragen derzeit 20 Milliarden Euro im Jahr. Das bedeutet, dass ein Ausstieg aus dem seit dem Jahr 2000 bestehenden Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) kaum möglich ist. Somit würden zunächst zwei Modelle nebeneinander bestehen.
Umlage über den Strompreis
Per EEG-Umlage bezahlen die Verbraucher die Kosten über den Strompreis. Für 2014 wird ein Anstieg dieses Kostenblocks pro Durchschnittshaushalt (3500 Kilowattstunden Verbrauch) von derzeit 185 Euro auf rund 225 Euro im Jahr erwartet. Bisher ist nur die FDP für einen solchen Systemwechsel - daher sind die Chancen auf eine Umsetzung gering, zumal das rot-rot-grüne Lager den Bundesrat dominiert.
Die Grünen kritisierten die Vorschläge. „Es bleibt ein fader Beigeschmack, wenn eine Behörde zwei Wochen vor der Bundestagswahl FDP-Forderungen um eine Abschaffung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes unterstützt“, meinte Energieexperte Hans-Josef Fell. Da die Konzerne sich aussuchen könnten, woher sie ihren Strom beziehen, würde die Energiewende beim Quotenmodell nicht mehr von den Bürgern getragen.
Zudem zweifelte Fell an, dass die Alternative günstiger wäre, da Preise wegen des Zwangs zur Erfüllung der Quote diktiert werden könnten. „Wie schlecht ein Quotensystem funktioniert, zeigt das Beispiel Großbritannien, wo die Windbedingungen zwar besser sind, die Kilowattstunde mit durchschnittlich 11 Cent die Kilowattstunde aber im Vergleich zu Deutschland mit durchschnittlich 8 Cent teurer ist.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker