Alternative Wirtschaftspolitik: Umdenken ohne Tabu

Der Markt regelt gar nichts, meint die Memo-Gruppe. Eine sozial und ökologisch verträgliche Zukunft gibt es nur mit einem Paradigmenwechsel. Aber wie soll der aussehen?

Seit langem fordert die "Arbeitsgruppe alternative Wirtschaftspolitik": Finanzinstitute sollen besser kontrolliert werden. Bild: dpa

BERLIN taz | Lange stand die "Arbeitsgruppe alternative Wirtschaftspolitik" mit ihrer Kritik am Marktradikalismus in Deutschland am Rande ihres Fachbereichs. Inzwischen klingt vieles in den bürgerlichen Zeitungen wie aus ihren jährlichen "Memoranden" abgeschrieben.

Doch die Autoren machten bei der Vorstellung ihres jüngsten Berichts am Donnerstag klar, dass die meisten Politiker zu kurze Schlüsse ziehen. Sie fordern ein "tabuloses Umdenken". Allein stehen sie damit nicht: Mehr als 1.000 Ökonomen und Sozialwissenschaftler finden sich in diesem Jahr auf der Unterstützerliste, so viele wie noch nie.

Nach wie vor steht eine Kontrolle der Finanzinstitutionen an, schreiben die Ökonomen. Doch die eigentlichen Probleme sehen sie in der Umverteilungspolitik. Sie habe den Vermögenden zu viel Geld verschafft, für das es in der Realwirtschaft keine lukrativen Anlagen mehr gibt.

Auch "die aus der Not geborene Krisenbekämpfung" mit Konjunkturpaketen stelle noch "keineswegs einen Paradigmenwechsel dar", kritisieren die Autoren. Schuldenbremse wie auch die Steuersenkungspläne drängten weiter in die alte, fatale Richtung, die Reichen reicher zu machen - die nächste Blase bläht sich auf.

Aber wie kann eine ökologisch nachhaltige Wirtschaft aussehen? Die Experten halten nichts davon, Klima- und Ressourcenschutz ausschließlich über Emissionszertifikate und andere Marktmechanismen zu gestalten. "In den Preisen wird nie die ökologische Wahrheit über den Verlust an Artenvielfalt, Überflutung verwundbarer Regionen und menschlichen Opfern zum Ausdruck kommen."

Auch heikle Themen fasst die Memo-Gruppe an. Allein auf immer ressourcenschonendere Produkte zu setzen reiche nicht, wenn man zugleich die Mengen ausweite. "Revolutionäre Veränderungen auch bei Konsummustern und Lebensstilen" seien deshalb notwendig. Die Autoren zitieren Studien, laut denen das Glücksempfinden ab einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 7.000 bis 10.000 Dollar nicht mehr zunimmt.

Selbstgenügsamkeit aber sei wohl der "bisher am wenigsten politisch anschlussfähige Strategieteil von Nachhaltigkeit", heißt es zutreffend im Memorandum. Zwar erklären die Wissenschaftler permanentes Wirtschaftswachstum zum "Fetisch" - doch wie der zu überwinden ist, wissen sie auch noch nicht.

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