Als Reaktion auf US-Zölle: In Indien formiert sich eine Boykottbewegung
Im bevölkerungsreichsten Land der Welt bildet sich Widerstand gegen neu verhängte Zölle. Angeführt wird die Bewegung von radikalen Hindus.

Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hatte Zölle von 50 Prozent auf indische Waren angeordnet, um Indien für den Kauf russischen Öls zu bestrafen. Indien ist als bevölkerungsreichstes Land der Welt ein wichtiger Wachstumsmarkt für US-Konzerne, die dort auf eine wachsende Basis wohlhabender Konsumenten zielen.
Die Boykottaufrufe werden von einer breiteren politischen Bewegung für wirtschaftliche Eigenständigkeit begleitet. Regierungschef Modi appellierte am Sonntag an die Bevölkerung, die heimische Wirtschaft zu stärken. Die mit seiner Partei verbundene Gruppe Swadeshi Jagran Manch (SJM) organisierte Kundgebungen und verbreitete über den Nachrichtendienst WhatsApp Listen mit heimischen Alternativen zu ausländischen Waren. SJM ist der wirtschaftspolitische Arm der militanten rechtsradikal-hinduistischen Freiwilligenorganisation RSS.
„Die Leute interessieren sich jetzt für indische Produkte“, sagte Ashwani Mahajan, Mitorganisator der Gruppe, der Nachrichtenagentur Reuters. „Das ist ein Aufruf zu Nationalismus und Patriotismus.“
Bislang keine Anzeichen für geringere Gewinne
Auch Wirtschaftsvertreter äußerten sich. Manish Chowdhary, Mitbegründer des Kosmetikunternehmens Wow Skin Science, forderte auf der Plattform LinkedIn, „Made in India“ zu einer „globalen Obsession“ zu machen. Man habe für ausländische Marken bezahlt, während die eigenen Hersteller um Aufmerksamkeit kämpften.
Bislang gibt es noch keine Anzeichen für Umsatzeinbußen bei den US-Firmen. Zudem eröffnete der Elektroautobauer Tesla am Montag einen zweiten Ausstellungsraum in Neu-Delhi. Viele Inder lassen sich von den Aufrufen offenbar nicht beeindrucken. „Zölle sind eine Sache der Diplomatie, mein McPuff und mein Kaffee sollten da nicht hineingezogen werden“, sagte der 37-jährige Rajat Gupta, der am Montag in einer McDonald's-Filiale im nordindischen Lucknow aß. Den Kaffee für 49 Rupien (rund 50 Cent) bezeichnete er als preiswert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Patriarchale Schönheitsbilder
Unsere Bäuche gehen Euch nichts an!
Noch ein allerletztes Mal
Verlasst diese Institution!
Krieg in Gaza
Israel tötet Al-Jazeera-Korrespondenten in Gaza
Abschied von Russland
Mütterchen, es ist Zeit zu gehen
Schwarz-Rot in der Krise
Der Brosius-Gersdorf-Rückzug löst die Probleme nicht
Kürzungsdebatte im Sozialbereich
Und eure Lösung, liebe Linke?