■ Als „Abrüstung gegen Oppositionelle“: Grüne fordern Abschaffung der Sondergesetze
Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat erneut gefordert, die „Sondergesetze“ des Deutschen Herbstes abzuschaffen. Einen entsprechenden Antrag hat der Abgeordnete Gerald Häfner gestern in Bonn vorgestellt. Der Antrag sieht vor, vier Vorschriften aus den 70er Jahren ersatzlos zu streichen: das Kontaktsperregesetz, den Paragraphen129a des StGB, die Kronzeugenregelung und das Verbot der Mehrfachverteidigung.
Schon bei der Verabschiedung dieser Gesetze habe der Staat den Rahmen der Rechtsstaatlichkeit überschritten, sagte Häfner, nach dem „faktischen Verschwinden der RAF“ hätten sie sich endgültig überlebt. Ihre Abschaffung sei ein „Akt der Abrüstung gegenüber oppositionellen Bürgern“. Vor allem wandte sich Häfner gegen den Paragraphen 129a, der Gesinnungen, nicht Taten verurteile und deshalb einen „Bruch mit dem Strafrecht“ darstelle. Weil jegliches Werben oder Unterstützen einer terroristischen Vereinigung bestraft werde, könne auch ohne konkreten Verdacht ermittelt werden.
Der Paragraph habe sich als eine „Schrotflinte“ ohne strafrechtliche Bedeutung entwickelt und verhindere eine sachliche Aufarbeitung der RAF. Laut Bundesanwaltschaft gab es seit 1980 über 6.000 Ermittlungen gegen linke Gruppen, aber lediglich sechs Verurteilungen allein auf Grundlage von §129a. Gegen rechte Gruppen, so Häfner, wurden im gleichen Zeitraum nur rund 300 Verfahren eingeleitet.
Häfner hofft auf eine „Koalition der Vernunft“ im Bundestag. Wiederholt hätten auch Mitglieder anderer Fraktionen erklärt, die „Anti-Terror-Gesetze“ hätten sich überlebt.
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