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Archiv-Artikel

Das B-Movie widmet sich in zwei Filmen dem britischen Seebad Brighton Alles endet am großen Pier

Eine Reihe mit Filmen, die in Seebädern spielen, das ist eigentlich immer eine gute Idee, denkt man da doch gleich an so wunderbare Filme wie Jacques Demys Die Regenschirme von Cherbourg, der in Nantes spielt, an Peter Chelsoms in Blackpool angesiedelten Funny Bones oder den an der irischen Küste spielenden The Miracle von Neil Jordan. Sie alle beziehen einen wesentlichen Teil ihres Zaubers und ihrer Faszination vom unverwechselbaren Flair ihres jeweiligen Schauplatzes her. Einen kleinen, aber feinen Anfang in diese Richtung macht das B-Movie jetzt mit zwei im südenglischen Seebad Brighton gedrehten Werken.

Neben Frank Roddams weithin bekannten, durch das gleichnamige Album von The Who inspirierten Quadrophenia aus dem Jahr 1979 steht der Film Noir Brighton Rock (Fotos) von 1947 auf dem Programm, der heute – durchaus zu Unrecht – fast völlig im Schlagschatten des zwei Jahre danach gedrehten Der dritte Mann verschwunden ist. In Sachen düsterer und auswegloser Grundstimmung steht John Boultings Verfilmung des Romans von Graham Greene den besten amerikanischen Film Noirs aus jenen Jahren nämlich in nichts nach. Brightons Fremdenverkehrsamt war darüber sogar so irritiert, dass dem Film eine Erklärung vorangestellt werden musste, die beteuerte, dass die dunklen Gassen und dreckigen Slums aus der Zwischenkriegszeit inzwischen nicht mehr existierten. Freilich rührte ein Gutteil dieser Stimmung von den expressionistisch angehauchten Studioaufnahmen her, die Boulting geschickt mit der Atmosphäre des Originalschauplatztes kombinierte.

Seinen allergrößten Vorzug besitzt der Film jedoch in Richard Attenboroughs prägnanter Darstellung des Kleingangsters Pinkie Brown. Ein wenig erinnert der damals 24-Jährige, der später mal unter anderem Gandhi drehen sollte, hier an die von Richard Widmark verkörperten psychopathischen Gangster aus Filmen wie Kiss of Death. Auf den ersten Blick mag man Pinkie „nur“ für den Anführer einer Gang halten, die sich mit Schutzgelderpressungen auf der Pferderennbahn ein eher bescheidenes Auskommen sichert. Aber spätestens, als er einen ihm lästig gewordenen Rivalen beseitigen lässt, ist klar, dass der Rasiermesser schwingende Soziopath vor nichts zurückschreckt. Auch nicht davor, die einzige Zeugin des Mordes, die naive Kellnerin Rose (Carol Marsh), nur deshalb zu heiraten, weil eine Ehefrau vor Gericht nicht gegen ihren Mann aussagen darf.

Untypisch für einen Film Noir und selbst für einen Graham-Greene-Stoff sehr präsent sind die katholisch geprägten Motive von Sünde und Erlösung. Was kann einer da schon erwarten, der versucht, seinen Hals durch einen gefaketen Doppelselbstmord noch aus der Schlinge zu ziehen.

Ein US-Verleih sah übrigens Schwierigkeiten wegen des „ambivalenten Titels“ auf sich zukommen und benannte Brighton Rock kurzerhand um: Als Young Scarface war – so die BBC nachträglich – „einem der besten Beispiele britischen Kinos, das je die Leinwand veredeln durfte“ indes kein sonderlicher Erfolg vergönnt.

Strahlender und in Farbe erleuchtet zeigt sich Brighton dann 30 Jahre später in Quadrophenia – bis die Mods in ihren italienischen Designer-Anzügen dort auftauchen und sich mit den örtlichen Rockern wilde Schlägereien liefern. Phil Daniels in der Rolle des Mods Jimmy begegnet nach Jahren einem alten Freund, um zu erfahren, dass dieser soeben aus dem Gefängnis entlassen worden ist – und ein Rocker geworden.

Der Plot, befanden Kritiker, ist nebensächlich: Vielmehr bietet der FIlm ein anerkannt brauchbares Bild der gezeigten, rivalisierenden Subkulturen: „Mod sein heißt anders sein“, sagt Jimmy. „Anders als die anderen. Und darum bin ich Mod.“ Nicht zuletzt die Musik von The Who freilich hat aus Quadrophenia werden lassen, was man so einen Kultfilm nennt.

ECKHARD HASCHEN

Brighton Rock: Donnerstag, Sonnabend und Sonntag, jeweils 20.30 Uhr (Sonnabend auch 22.30 Uhr), B-MovieQuadrophenia: Donnerstag, 24.7., Sonnabend, 26.7., und Sonntag, 27.7., jeweils 20.30 Uhr (Sonnabend auch 20.30 Uhr), B-Movie