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Alles Warum wir gar nicht anders können, als nur über Fußball zu berichtenSport ist nur, wenn Männer gegen den Ball treten

Früher wusste man noch, was man alles nicht wusste. Da fand, sagen wir: eine Judo-WM statt, vielleicht auch eine Basketball-EM, eventuell war auch gerade eine Universiade zu Ende gegangen. Und man konnte sich so richtig schön aufregen, dass die Medien so viel über Fußball bringen und nur so ganz, ganz wenig zu Judo, Basketball, Studentensport.

Aufregen konnte man sich genau deswegen: weil man durch Kurznachrichten noch wusste, dass da gerade etwas außerhalb des Fußballs stattfand. Heute aber dringt schon eine solche Meldung nicht mehr durch. In dieser Woche: Fußball, Fußball, Formel eins, Fußball, Fußball, Tennis. Vielleicht am Ende etwas zu Basketball, weil es ja mit dem NBA-Profi Dennis Schröder einen gibt, der das Zeug zum Star hat.

Die Monopolbildung findet sich auf jeder Ebene: Zunächst mal wird nur auf die Sportarten geschaut, die am durchkapitalisiertesten sind. Männerfußball, klar, aber auch Motorsport, Boxen, Golf oder Tennis haben noch Chancen, wenigstens ein bisschen Sendezeit zu erhaschen. Ein bisschen auch der Radsport, aber nur wenn es die Tour de France ist.

Sodann wird die Konkurrenz innerhalb der Sportarten ausgetragen: Beim Tennis wird zwar – nicht zuletzt wegen älterer und jüngerer deutscher Erfolge – auch auf Frauentennis geschaut, aber die Konzentration erfolgt schon sehr lange auf (sportlich nachvollziehbar) die vier Grand-Slam-Turniere und (sportlich weniger nachvollziehbar) auf hiesige Veranstaltungen in Stuttgart oder Hamburg. Beim Golf schaut man eh nur aufs Männergolf, und im Motorsport dominiert die Formel eins – vorbei sind die Zeiten, dass Rallye, Motorrad oder Cross ein größeres Augenmerk gewidmet wurde.

Und innerhalb der wenigen Sportarten, die sich so durchgesetzt haben, dass sie auch von einem medialen Tross begleitet werden, gibt es die jeweiligen Marktführer: die Branchenriesen im Fußball sind bekannt, in anderen Sportarten gibt es sie auch. Über Basketball wurde etwa in den vergangenen Jahren fast nur berichtet, wenn der Name Dirk Nowitzki vorkam, im Golf braucht es, seit mit Tiger Woods der globale Superstar vorübergehend im Bunker verschwunden ist, unbedingt den Namen Martin Kaymer, um einen Bericht zustande zu bekommen, und die Begriffe „Boxen“ und „Klitschko“ haben es ja ohnehin schon fast ins Synonymwörterbuch geschafft.

Der sich aufdrängende einfache Gedanke, dann sollte man doch am besten mal über das andere berichten, das, was die übrigen Medien vergessen, ist leider zu einfach. Von einigen Deutschen, Europa- oder gar Weltmeisterschaften berichten kaum noch Journalisten, ihre Reisekosten stehen in keinem Verhältnis zum Ertrag. Nachrichtenagenturen senden kaum Fotos von diesen Ereignissen, und die kurzen Meldungen, auf die man zurückgreifen kann, handeln fast nur von deutschen Ergebnissen. Es gibt Meldungen, in denen man von Bronze für den deutschen Sportler erfährt, aber ahnungslos über den neuen Weltmeister bleibt.

Diese Woche: Fußball, Fußball, Formel eins, Fußball, Tennis. Vielleicht noch ­Basketball

Der Konzentrationsprozess ist (nicht nur im Sport) soweit vorangeschritten, dass wir gar nicht mehr wissen, vielleicht sogar gar nicht mehr wissen können, welche Weltmeisterschaft wir gerade verpassen. Tja.

Martin Krauss

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