piwik no script img

Alles Hochstapler

■ Recht hasenfüßig streift IQ durch die Stereotypen

„Dann rufe ich lieber ein Telefon. Haben Sie ein Taxi?“ fragt Meg Ryan als verhuschte Wissenschaftlerin. Tim Robbins als perplexer Automechaniker, der sich soeben unsterblich in sie verliebt hat, stammelt zackig zurück: „Das Taxi ist im Büro!“

Nach dieser ersten Begegnung mit Catherine weiß der Kfz-Mechaniker Ed, daß er die Frau seines Lebens gefunden hat. Ihr Onkel Albert Einstein (Walter Matthau) ahnt allerdings, daß diesem einfachen Arbeiter bei seiner Nichte eher wenig Chancen bleiben und stilisiert Ed kurzerhand zum genialen Astrophysiker.

Ganz so wie sich Einstein auf diesen getürkten Status verläßt, baut Regisseur Fred Schepisi in IQ auf seine Schauspieler, die dann auch dankbar in dem sich aus der Hochstapelei ergebenden Chaos glänzen. Doch genau wie Onkel Einstein beim Verkuppeln einem Klischee aufsitzt, ist auch Schepisi mit seiner Komödie wenig Originellem verpflichtet. Seine Methode ist der zur Zeit so beliebte, ahistorische Rekurs auf Geschichte, der mit Forrest Gump seinen Höhepunkt erreichte. Doch genau dieser Höhepunkt des komödiantischen Verwurstens von geschichtlich Bekanntem – wenn etwa Tom Hanks als Forrest Gump dem Präsidenten John F. Kennedy die Hand vor dem Pinkeln schüttelt – muß zugleich das Ende dieser Methode einläuten, denn ihre Perfektion, Authentisches als Plattform zu gebrauchen, läßt sich nicht mehr steigern. Einzig die Auswahl der historischen Ereignisse kann noch erweitert werden. Da die Methode selbst ausgereizt ist, bewegt sich IQ zwangsläufig auf totem Terrain.

Dazu gehört in IQ ebenso das reichlich erprobte Spiel mit Anleihen und Zitaten aller Größen, das Tom Robbins mit seiner Marlon Brando-Imitationen fast schon kommentiert. Beispielsweise erinnert da nicht nur der Held Ed, der in den 50er Jahren vom Geck zum einflußreichen Gewinner aufsteigen darf und ebenfalls von Tim Robbins verkörpert wird, sondern auch die anvisierte Mischung von Screwball-Comedy und Frank Capra-Komödie allzu deutlich an Hudsucker – Der große Sprung. Gleiches gilt auch für den teils absurden Humor in IQ in Begrüßungen wie: „Sagen Sie, junger Mann, glauben Sie, daß Zeit existiert?“

Wo allerdings die Coen-Brüder mit Hudsucker ein ausgeklügeltes Zeugnis ihres filmischen Ansatzes ablegen und kompromißlos ihr Verständnis von Kino und Humor darstellen, laufen in IQ letztlich alle Möglichkeiten allein auf scheinbar abgesicherte, nur noch zitierte Stereotypen hinaus. Und das einfallslose Abgleiten ins Rührselige, das hasenfüßig auf den angenommenen Publikumsgeschmack spekuliert, zerstört so jede Chance auf Außergewöhnlichkeit.

Jan Distelmeyer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen