Alles Apple oder was?

Der Chaos Computer Club kritisiert, dass sich Konzerne wie Apple in den Schulen als Wohltäter ausgeben. Die Fixierung auf iPads verhindere technologische Vielfalt, dennoch seien sie die besten Tablets auf dem Markt

Von Lissy Malethan

An vielen Schulen kommen iPads zum Einsatz, an manchen auch Tablets anderer Anbieter. Die Entscheidung hängt nicht unbedingt mit der technischen Leistung zusammen, sondern auch mit der Bequemlichkeit bei der Verwaltung der Geräte.

„In Hamburg wird von der Schulbehörde in einer Ausschreibung nur das iPad als einziges Tablet unterstützt“, erklärt Ingmar Paulsen, Lehrer einer Hamburger Schule. „Wenn man was anderes kauft, kann das Ärger geben.“

Andere Bundesländer wie Baden-Württemberg setzen auf Windows. „Es scheint fast so, als hätten die verschiedenen Konzerne in bestimmten Bundesländern ihre Monopole“, sagt Loki von „Chaos macht Schule“, einer Initiative des Chaos Computer Club. Der qualitative Unterschied der Marken sei aber nicht besonders groß. „Das Gefühl, wenn man ein iPad anfasst, ist natürlich anders, da wackeln keine Knöpfe“, sagt Loki

Lehrer Paulsen findet, dass es beim iPad mehr Möglichkeiten gebe. Bestimmte Apps für den Unterricht gebe es nur bei Apple. Außerdem könne man die iPads zentral verwalten, „was einige Arbeit spart“, sagt Paulsen. iOS sei der Stand der Dinge, an den Windows und Google nicht rankämen.

Steffen Haschler, Lehrer und ebenfalls bei Chaos macht Schule aktiv, sieht die Vorteile von Apple: „Dadurch, dass iOS so ein geschlossenes System ist, kann niemand es wirklich kaputtmachen.“ Deshalb und wegen der einfachen Bedienbarkeit der iPads bleibe der nötige Support-Aufwand gering. „Der Schulträger spart durch die zentrale Verwaltung viel Arbeit und Kosten“, sagt Haschler. „Bei vergleichbaren Geräten und Anbietern ist das schwieriger.“

Andererseits könne das geschlossene System aber auch zu einem großen Problem werden. „Eine geräteübergreifende Arbeit ist sehr schwierig“, sagt Paulsen. Der Datenaustausch zwischen Apple-Geräten und anderen sei kompliziert.

Verschleierte Interessen

Aus den Reihen des Chaos Computer Clubs kommt zudem grundsätzliche Kritik am Geschäftsgebaren der Konzerne. „Sie schleichen sich in die Schulen rein und beeinflussen die Entscheidung der Schüler*innen beim eigenen Gerätekauf“, sagt Loki. Die Konzerne verschleierten ihre kommerziellen Interessen, indem sie ihr Engagement als Wohltat verkauften, so, als ginge es ihnen nur darum, die Bildung zu fördern.

Die Monokultur sei das Gegenteil von technologischer Vielfalt, sagt Haschler. Die Schulen machten sich abhängig von einem Unternehmen und dessen Produktzyklen, sie müssten der Entwicklung folgen, egal in welche Richtung sie gehe.

Das größte Problem liege nach Meinung der Kritiker einer geschlossenen Plattform im Schutz der Persönlichkeitsrechte. Die Konzerne speicherten die Daten der Schüler*innen und erstellten mittels Algorithmen Profile, sagt Loki. Diese Daten seien in der Zukunft „Gold wert“. „Das ist bei allen Anbietern so.“ Als Lösung schlägt er vor, Open-Source-Produkte einzusetzen. Die seien an keinen privaten Anbieter geknüpft und würden in der Entwicklung auch weniger kosten.

Keiner der drei findet, dass es ein besseres Tablet auf dem Markt gebe als das iPad. Es sei robust, der Akku halte lange und es fühle sich gut an. Ein Notebook-Ersatz sei es aber nicht. „Ein Notebook wäre viel ergonomischer“, sagt Loki. Man sitze aufrechter und weiter weg vom Display. Die Finger würden in einer vielfältigeren Weise beansprucht als durch „stumpfes Wischen“.

„In der Grundschule ist das iPad super, aber ab der Sekundarstufe I wird es zunehmend fragwürdig“, sagt Haschler. Vor allem in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern müsse man mit einem offeneren System und einem vollwertigen Computer arbeiten, auch um andere Geräte anschließen und eine größere Auswahl an Software nutzen zu können. „Man verspielt sich Talente“, sagt Haschler. „Die technische Mündigkeit am iPad bildet sich schwer aus, da viele Vorgänge in den Geräten vor den Nutzern versteckt werden.“

Seiner Meinung nach müssten die iPads gezielter eingesetzt werden. Sie seien nicht für alle Schulformen geeignet. „Das ist Gleichmacherei und wird einer diversen Schullandschaft nicht gerecht.“