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BAHNCHEF MEHDORN MUSS LANGFRISTIG PLANEN – UND VERLUSTE MACHENAlle reden von Gewinnen. Wir nicht

Von der Bahn hört man in der Regel Schlechtes. Da passt es ins Bild, dass Konzernchef Hartmut Mehrdorn gestern rote Zahlen als Ergebnis des letzten Jahres vorgestellt hat. Von einem baldigen Börsengang ist derzeit keine Rede mehr – zum Glück! Sonst würde Mehdorn sich womöglich von der Strategie junger, moderne Unternehmen verlocken lassen: Hauptsache schwarze Zahlen, ordentliche Gewinne und die Aktionäre beeindrucken, die auf schnelle Redite spekulieren.

Einen Börsengang strebt Mehdorn weiterhin an, aber er plant langfristig: Der Bahnchef nimmt rote Zahlen in Kauf, weil er es für wichtig hält, das Schienennetz zu sanieren und in neue Züge und Bahnhöfe zu investieren. Ohnehin ließe sich mit der Bahn kurzfristig kein Schnäppchen an der Börse machen. Denn die Attraktivität der Bahn besteht auch für potenzielle Aktionäre darin, dass sie das öffentliche Gut „umweltfreundliche und sichere Mobilität“ anbietet. Ein Gut, das mit zunehmendem Bewusstsein der Klimaerwärmung und Luftverschmutzung in den nächsten Jahrzehnten wichtiger werden wird. Langfristig wohlbemerkt!

Es ist die erste Aufgabe Mehdorns dafür zu sorgen, dass die Bahn dieses Gut bereitstellen kann. Erst dann kann er an Gewinne denken. Dazu gehört auch, dass das Unternehmen sein Imageproblem löst. Die Bahn rangiert nach wie vor ganz oben auf der Hitliste von Partygesprächen und Stammtischaufregern. Den jüngsten Anlass gibt das neue Preissystem, das Bahnfahren angeblich vereinfachen soll. Unklug von Mehdorn, in der Öffentlichkeit zu erzählen, dass er 30.000 Leute schulen muss, damit sie das System verstehen.

Doch nicht nur die Bahn ist gefragt. Die Regierung muss Anreize schaffen, damit Bahnfahren und der Gütertransport auf der Schiene attraktiver werden als der Flug- und Straßenverkehr. Dazu gehört an erster Stelle eine Befreiung von der Öko- und Mineralölsteuer – die wird derzeit absurderweise ausgerechnet den Fluggesellschaften gewährt. Von der Bahn hört man Schlechtes. Von einer rot-grünen Verkehrspolitik hört man gar nichts. KATHARINA KOUFEN

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