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■ Albrights starker Auftritt bringt die Serben in die DefensiveUSA übernehmen Führungsrolle

Die Art, in der Madeleine Albright in Paris verkündete, sie habe die Delegationen zum Einlenken gezwungen, zeigt, wie große Politik gemacht wird. Seit Tagen war klar, daß die Delegationen sich an einen Tisch setzen müssen, wenn sie kommt. Und auch, daß das mit Alkohol garnierte Studium der von den internationalen Vermittlern vorgelegten Papiere in echten Verhandlungen münden muß. Doch Albrights öffentlich wirksame Inszenierung hat einen tieferen Sinn: Sie machte einerseits klar, daß es sich bei den Verhandlungen von Rambouillet um ein Diktat der internationalen Gemeinschaft handelt. Es wird im Kosovo ein zeitlich limitiertes internationales Protektorat geben, das durch Nato-Truppen abgesichert wird.

Andererseits ist Albrights Auftritt ein Zeichen dafür, daß die USA nun auch nach außen hin die Federführung für den Friedensprozeß eingenommen haben. Schienen noch zu Beginn der letzten Woche die Europäer am Zug, so ist damit jetzt erst einmal Schluß. Die französische Kritik an einem Einsatz der Nato ist vom Tisch. Rußland wird sich mit der Rolle begnügen müssen, die serbische Seite zum Einlenken zu bringen. Viel Spielraum für eigene und gegensätzliche Postionen besteht für Moskau angesichts der wirtschaftlichen Abhängigkeiten vom Westen ohnehin nicht. Immerhin: Rußland darf eine Delegation nach Rambouillet schicken.

Die Nato wird bei einem Scheitern der Verhandlungen Serbien bombardieren, so die Botschaft Albrights. Bei erfolgreichem Ausgang werden die USA die Friedenstruppen befehligen. Auch Großbritannien hat das zu akzeptieren. Und daß Joschka Fischer auf der gleichzeitig stattfindenden Konferenz der EU- Außenminister lediglich darauf hinweisen konnte, die Europäer würden federführend an der zivilen Administration Kosovos beteiligt sein, bestätigt nur die grundsätzliche Führungsrolle der USA.

Dies wurde von den Albanern lautstark begrüßt. Denn sie haben damit eine ihrer wichtigsten Forderungen durchgesetzt. Sie wollten immer – alle Fraktionen – die Führerschaft der USA bei den Verhandlungen und der Umsetzung des Abkommens, sie waren mit den „weichen“ europäischen Lösungen nicht einverstanden. Jetzt haben sie noch mehr erreicht: Wenn sich nun die serbische Delegation mit ihnen an einen Tisch setzen muß – obwohl die sich ja noch vor Tagen öffentlich weigerte, mit den als „Terroristen“ bezeichneten UCK-Leuten direkt zusammenzutreffen –, dann ist ihr Status als gleichberechtigter Verhandlungspartner gefestigt. Angesichts der Lage vor noch einem Jahr ein schwindelerregender Erfolg.

Offen bleibt nach wie vor die Frage, was mit der UCK zu geschehen hat. Die in dem Annex „Sicherheit“ festgelegte Prozedur fordert deren Demobilisierung während einer Frist von 120 Tagen. Selbst die UCK-Verhandler, die in Rambouillet die Führung innehaben, können ein so weit reichendes Zugeständnis wohl kaum geben. Das Mißtrauen der Albaner ist nach wie vor da: Man will Garantien dafür, daß die Unabhängigkeit über einen demokratischen Prozeß erreichbar ist, man will Garantien für die eigene Sicherheit. Ohne die Existenz der UCK wird die Frage der Unabhängigkeit in die Entscheidungsbefugnis der ausländischen Mächte gelegt. „Wir stehen vor einer historischen Entscheidung, es handelt sich um eine Schicksalsfrage“, ist die vorherrschende Meinung. Die UCK will eine symbolische Truppe erhalten.

Die serbische Seite dagegen fürchtet, mit dem nun offenen Einfluß der USA völlig ins Hintertreffen zu geraten. Noch vor Tagen hoffte sie, Rußland und Frankreich könnten durchsetzen, daß die internationalen Friedenstruppen mit einem eingeschränkten Mandat, vergleichbar jenem der Blauhelme in Bosnien, ausgestattet würden. Damit scheint es jetzt vorbei. Slobodan Milošević ist angesichts der Stärke der Rechtsradikalen, die für Kosovo kämpfen wollen, innenpolitisch verwundbar. Unterschriebe der serbische Präsident jetzt, könnte er mit dem Preis seines eigenen Machtverlustes den Kosovo zwar noch für einige Zeit im jugoslawischen Staatsverband halten.

Wenn nicht, rechnen serbische Analytiker mit einer anderen Variante: Milošević könnte sich Nato- Bomben herbeiwünschen, um dann angesichts der „Übermacht“ die Unterzeichnung des Abkommens in der eigenen Öffentlichkeit begründen zu können. Dann wäre Kosovo zwar für Serbien endgültig verloren – der Präsident aber hätte seine eigene Machtstellung gesichert. Es spricht eniges dafür, daß dies wahrscheinlicher als die sofortige Unterschrift unter das Rambouillet-Abkommen ist. Erich Rathfelder

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