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Alba liefert Highlights

NBA-Crack Wilkins und sein All Star-Team aus Bologna gehen in der Basketball-Europaliga bei Alba Berlin unter  ■ Von Matti Lieske

Berlin (taz) – Der hochgewachsene Mann, der am Donnerstag abend in der Berliner Max-Schmeling-Halle stand und ziemlich bedröppelt dreinschaute, ist schon fast eine Legende. 27.955 Punkte hat Dominique Wilkins in der NBA für die Atlanta Hawks, Los Angeles Clippers, Boston Celtics und San Antonio Spurs erzielt und sich mit seinen spektakulären Korbattacken den Beinamen „Human Highlight Film“ erworben. Einen Meistertitel hat ihm das nicht gebracht, wohl deshalb wurde „Nique“ letztes Jahr bei der Nominierung der 50 besten NBA-Spieler aller Zeiten ausgelassen, was einiges Stirnrunzeln auslöste und ihn selbst erheblich wurmte. „Einen Witz“ nannte Wilkins die pompös zelebrierte Aktion.

Für Wendell Alexis von Alba Berlin ist Dominique Wilkins zwar „kein Idol“, aber immerhin „eine der größten Figuren der NBA“. Spielen müsse man gegen ihn jedoch „wie gegen jeden anderen“. Das tat Alexis bei Alba Berlins 95:79-Sieg in der Europaliga gegen Teamsystem Bologna mit Bravour. Nach einer Saison in San Antonio – dort dunkte er für den NBA-Mindestlohn von 250.000 Dollar – ist Wilkins nämlich wieder nach Europa, wo er zuvor mit Panathinaikos Athen den Europacup gewonnen hatte, zurückgekehrt. Ganz glücklich ist der 37jährige, der mindestens noch zwei, drei Jahre spielen will, darüber nicht. „Ich weiß, wo ich hingehöre: in die NBA“, sagt er trotzig. Doch die Spurs boten ihm statt der erhofften kräftigen Gehaltsaufstockung erneut nur den Mindestlohn. „Eine Person wie ich, die soviel in der Liga und für die Liga getan hat“, empört sich Wilkins, „geschäftlich wäre das keine gute Entscheidung gewesen.“ Also ging er für 1,8 Millionen Dollar pro Jahr nach Bologna und ist jetzt Teil eines Teams, „das dazu konstruiert wurde, das stärkste in Europa zu sein“ (Gazzetta dello Sport).

Neben Wilkins holten die Bologneser David Rivers, mit Olympiakos Piräus letzte Saison Europacup-Gewinner und bester Spieler der Final Four. Dazu den 2,15 Meter großen, wendigen Gregor Fucka, der im Sommer angeblich ein Angebot von den Los Angeles Clippers ausschlug, womit er sicher gut beraten war. Zwar sind die Clippers nicht mehr die Deppen der Liga, aber in der NBA wäre der gebürtige Slowene wohl nicht nur wegen seines Namens Problemen begegnet. Hinzu kommen einige italienische Nationalspieler, zum Beispiel Carlton Myers, im Juni Topscorer beim EM-Zweiten, der im letzten Jahr der Kopf des Teams aus Bologna war.

Viele Stars, „die aber ihren Rhythmus noch nicht gefunden haben“, wie Alexis beobachtet hat. Auch Alba-Kapitän Henrik Rödl meinte nach dem – zumindest in der Art und Weise, wie er herausgespielt wurde – sensationellen Sieg der Berliner, daß Bologna „derzeit nicht gut drauf“ sei. Damit stellen die Alba-Akteure ihr Licht allerdings ein wenig zu sehr unter den Scheffel. Bologna war keineswegs schlecht, wurde aber in der zweiten Halbzeit eines hochklassigen Spiels schlicht an die Wand gespielt. „Ein Massaker, ein Desaster“, nannte die Gazzetta dello Sport, was sich nach der Pause abgespielt hatte, und sprach von einer „Demütigung“ des italienischen Teams. Unter tosendem Jubel des Publikums fanden die gewitzten Pässe der Berliner fast immer ihren Adressaten, während die All Stars aus Bologna mit unbarmherziger Defense unter Druck gesetzt wurden. Zwar konnte Wilkins durchaus mit spektakulären Körben glänzen und kam auf 26 Punkte, vermochte sich aber genau in der entscheidenden Phase gegen Rödl kaum durchzusetzen. Myers war von Harnisch abgemeldet, Fucka ging unter, so daß Rivers (15 Punkte) kaum Anspielstationen blieben.

„Das beste Match der Saison“, freute sich Coach Svetislav Pesic. Über den besten Spieler des Abends gingen die Meinungen auseinander. Alexis (22 Punkte) war es „mit seiner Ruhe“ für Bolognas Coach Bianchini; der Amerikaner, der 22 Punkte holte, neigte eher zu Rödl. „Er ist der Leim in unserem Team, die Mitte des Rades“, lobte Alexis. Rödl wiederum schwärmte vom exzellenten Center Geert Hammink, „der immer da war“, Pesic nannte gleich die ganze Mannschaft, und die Gazzetta bevorzugte den defensiv- wie offensivstarken Harnisch (15 Punkte), dem sie etwas überschwenglich „vielleicht das Spiel seines Lebens“ bescheinigte.

Mit dem Sieg übernahm Alba die Tabellenführung in der Gruppe D, da der direkte Vergleich mit Bologna gewonnen wurde (Hinspiel: 73:80). Besonders zufrieden war Manager Marco Baldi, der hofft, daß die Zuschauer nach der großen Show, die ihnen geboten wurde, künftig vollzählig wiederkommen werden. Die 8.500 Menschen in der ausverkauften Halle stellten im übrigen die drittgrößte Zuschauerzahl des Europaliga-Spieltages dar, hinter Piräus und Istanbul, aber weit vor Paok Saloniki. Da erschienen zum Spiel gegen Porto (84:50) genau 50 Leute. Dominique Wilkins und seine Leidensgefährten hätten sich am Ende in Berlin wohl eine ähnliche Kulisse gewünscht.

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