Al-Qaida im islamischen Maghreb: Terrorphantome in der Wüste
Die nordafrikanische "Al-Qaida im islamischen Maghreb" greift immer öfter Ausländer in Mauretanien und Mali an.
Die neuen Aktivitäten von al-Qaida machen vor Weltreisenden auch nach dem Ausstieg aus dem Flugzeug nicht halt. In jüngster Zeit werden in Wüstengebieten afrikanischer Sahel-Staaten vermehrt Ausländer angegriffen. Im Norden Malis entlang der Grenze zu Algerien hat sich die in Nordafrika aktive "Al-Qaida im islamischen Maghreb" (AQMI) offenbar sichere Rückzugsgebiete geschaffen.
Insgesamt sechs Europäer befinden sich derzeit in AQMI-Geiselhaft und werden vermutlich im Norden Malis festgehalten. Am 25. November wurde ein Franzose aus seinem Hotel in der nordmalischen Stadt Menaka entführt, vier Tage später im Nachbarland Mauretanien drei spanische Mitarbeiter des Hilfswerks Barcelona Accio Solidaria. Am 18. Dezember geriet bei Kobenni im Osten Mauretaniens ein 65-jähriger Italiener und seine eingebürgerte, aus Burkina Faso stammende Frau in die Hände von Kidnappern, die ebenso wie bei den Spaniern sein Auto auf einer Überlandstraße mit Schüssen gestoppt hatten.
Zu allen drei Entführungen hat sich AQMI bekannt. Wie unsicher mittlerweile das Reisen auf den Fernstraßen der Region ist, zeigte sich am vergangenen Wochenende auch in Niger. Unidentifizierte Bewaffnete überfielen einen Touristenkonvoi aus Saudi-Arabien, der auf dem Weg zur Greifvogeljagd in Mali war, und töteten drei der sechs Saudis; ein vierter starb am Montag.
Ob die Terrorgefahr real ist oder ob sich lediglich bewaffnete Banditen wichtig machen, ist schwer zu sagen. So bleibt völlig unklar, wie Anfang November auf der Flugpiste von Sinkrebaka in der Wüste außerhalb von Gao in Mali ein verkohltes Flugzeugwrack mit Kokainresten aus Venezuela auftauchen konnte, das jemand offenbar nach der Entladung in Brand gesteckt hatte. Wenig später verhaftete die Polizei in Ghana unter großem öffentlichem Aufsehen drei Malier, die in eine Falle der US-Drogenbehörde DEA getappt waren, und lieferte sie an die USA aus, wo sie als Terroristen vor Gericht gestellt werden sollen.
Abgesehen davon tun sich die Regierungen der Region schwer, zusammenzuarbeiten. Alte Rivalitäten zwischen Mali und Algerien verhindern effektive regionale Kooperation. Nach dem mysteriösen Flugzeugfund von Gao beeilte sich Malis Regierung, mit dem Finger auf Niger zu zeigen, wohin angeblich die im Sand gefundenen Lastwagenspuren führten. In Gao trainieren jetzt US-Spezialkräfte die Armee Malis. Mit Niger, dessen Regierung wegen einer undemokratischen Amtszeitverlängerung regional nicht mehr als legitim anerkannt wird, und Mauretanien, dessen Präsident erst durch einen Putsch in die Lage kam, Wahlen zu gewinnen, ist eine solche Zusammenarbeit etwas delikater.
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