Aktuelle Nachrichten zu Afghanistan: Bislang 1.800 Menschen ausgeflogen

Die Bundeswehr hat weitere 179 Menschen evakuiert. Merkel räumt Fehleinschätzung ein. Tausende Menschen belagern die Zugänge zum Kabuler Flughafen.

Evakuierte aus Afghanistan am US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein.

Ankunft in Ramstein: Der US-Stützpunkt in Rheinland-Pfalz fungiert als Flüchtlings-Drehkreuz Foto: Tilman Blasshofer/Reuters

Bundeswehr hat bisher über 1.800 Menschen evakuiert

Die Bundeswehr teilt mit, sie habe bislang mehr als 1.800 Menschen nach Usbekistan befördert. In der Nacht wurden demzufolge weitere 179 Menschen in Sicherheit gebracht. „Bisher wurden zwei Deutsche auf ihrem Weg zum Flughafen verletzt“, heißt es in der Pressemitteilung. „Für die Geretteten, die in Frankfurt ankommen, nehmen die möglichen Zielorte innerhalb Deutschlands zu.“ Niedersachsen habe mittlerweile fast 200 Menschen aufgenommen. In den vergangenen Tagen hätten bereits Hamburg und Brandenburg erste Evakuierte aufgenommen. (rtr)

Merkel räumt Fehleinschätzung ein

Bundeskanzlerin Angela Merkel räumt ein, dass man die Widerstandskraft der afghanischen Armee falsch eingeschätzt habe. „Die Armee ist in atemberaubendem Tempo kollabiert“, sagt Merkel beim Wahlkampfauftakt der Union. „Wir hatten die Widerstandskraft stärker eingeschätzt“, fügt sie mit Blick auf die Debatte hinzu, ob die Regierung schneller hätte handeln müssen. Sie dankt den Soldaten, die sich jetzt für die Evakuierung von Menschen in Afghanistan einsetzen. Später werde man diskutieren müsse, was in Afghanistan erreicht worden sei und was nicht. (rtr)

US-Stützpunkt Ramstein wird zum Flüchtlings-Drehkreuz

Der weltweit größte US-Luftwaffenstützpunkt außerhalb der Heimat ist nun auch ein Drehkreuz für Geflüchtete aus Afghanistan: Nach rund 300 Evakuierten am Freitagabend sind inzwischen viele weitere Afghanen auf der Air Base im pfälzischen Ramstein gelandet. „Insgesamt sind es mit Stand 11.15 Uhr am Samstag rund 1.550 Evakuierte, die mit elf Maschinen gekommen sind“, sagte ein Sprecher des US-Stützpunkts der Deutschen Presse-Agentur. Auch in den Folgetagen würden weitere Flüge erwartet. Ihre Zahl lasse sich vorerst noch nicht genau sagen.

Die ehemaligen Ortskräfte der USA in Afghanistan und ihre Familien, die aus Angst vor den militant-islamistischen Taliban ihre Heimat verlassen, kommen zunächst in Flugzeughangars der Air Base unter. „Nach ihren Registrierungen und medizinischen Erstleistungen sollen sie in die USA geflogen werden“, erklärte der Sprecher. Details entscheide das US-Außenministerium.

Die am Freitagabend in Ramstein gelandeten ersten rund 300 Evakuierten kamen laut der Air Base in zwei C-17-Transportmaschinen der US-Luftwaffe von einem Zwischenstopp auf deren Stützpunkt in Katar. Dieser sei kleiner und habe weniger Platz für einen Aufenthalt von Schutzsuchenden. In Ramstein ist laut dem Sprecher vorerst nicht vorgesehen, dass die Afghanen das Militärgelände verlassen. Der Kreis Kaiserslautern habe zwar netterweise schon Hilfe angeboten, zunächst habe die Air Base aber selbst noch genug Platz und Kapazitäten. (dpa)

Tausende belagern weiter Zugänge zum Kabuler Flughafen

In der afghanischen Hauptstadt Kabul belagern weiterhin Tausende Menschen die Eingänge zum Flughafen. Das berichtete ein Augenzeuge der Deutschen Presse-Agentur am Samstag. Die verängstigten Menschen hoffen allesamt auf einen Platz in einem Flugzeug, um nach der Machtübernahme der islamistischen Talibankämpfer aus dem Krisenstaat zu fliehen.

Der Augenzeuge hatte bereits den gesamten Freitag an einem Eingang verbracht. Als er am Samstagmorgen (Ortszeit) dorthin zurückkehrte, habe sich die Menschenmenge noch einmal verdoppelt. Es fielen weiter praktisch durchgehend Schüsse. Am nördlichen Eingang habe es zudem Lautsprecherdurchsagen gegeben, dass das Gate nun zwei Tage geschlossen sei, sagte die Person.

Ein zweiter Augenzeuge sagte, Menschen aus allen Gesellschaftsschichten befänden sich dort. Er habe Schauspieler in der Menge gesehen, bekannte Fernsehpersönlichkeiten, Jugendliche, Frauen mit neugeborenen Babys oder Menschen im Rollstuhl.

In einem Schreiben der deutschen Botschaft in Kabul mit Informationen zu den Evakuierungsflügen hieß es in der Nacht zu Samstag, die Lage am Flughafen sei weiterhin äußerst unübersichtlich. Es komme immer häufiger zu gefährlichen Situationen und bewaffneten Auseinandersetzungen an den Gates. (dpa)

Zwei Bundeswehr-Hubschrauber in Kabul angekommen

Die Bundeswehr hat zwei Hubschrauber für die Evakuierung von Menschen in die afghanische Hauptstadt Kabul gebracht. „Die beiden gestern in Wunstorf verladenen Hubschrauber vom Typ Airbus H145M sind in Kabul angekommen“, schrieb die Bundeswehr am Samstagmorgen bei Twitter. Mit ihrer Hilfe sollen gefährdete Menschen in Sicherheit gebracht werden, die es wegen der gefährlichen und unübersichtlichen Lage nicht aus eigener Kraft zum Flughafen schaffen. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums können die Maschinen dazu eingesetzt werden, einzelne Bundesbürger oder auch Ortskräfte aus Gefahrenlagen zu retten. (dpa)

Baerbock sieht „riesengroßes Versagen“

Angesichts der dramatischen Entwicklungen in Afghanistan hat Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock die Bundesregierung scharf kritisiert. „Ich sehe ein riesengroßes Versagen. Heiko Maas hat in den letzten Jahren keine außenpolitischen Ziele formuliert, die er erreichen will. Auf fatale Weise sehen wir das jetzt in Afghanistan“, sagte die Grünen-Vorsitzende der Süddeutschen Zeitung mit Blick auf den SPD-Außenminister.

Seit Monaten sei klar gewesen, dass afghanische Ortskräfte Schutz bräuchten. „Experten haben deutlich vor den Gefahren gewarnt. Die Bundeswehr hat davor gewarnt. Diese Bundesregierung aber hat sich entschieden, außenpolitisch abzutauchen“, sagte Baerbock. Zudem habe Innenminister Horst Seehofer (CSU) schnellerer Hilfe offenbar „Steine in den Weg gelegt“. (afp)

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