Aktuelle Entwicklungen in der Coronakrise: Bisher 60.000 Deutsche geimpft

Jens Spahn berichtet über den Stand der deutschen Impfaktion. Großbritannien lässt den Impfstoff von Astrazeneca zu. Das RKI meldet 1.129 weitere Covid-Tote.

n Mitarbeiter vom Impfzentrum hält eine Spritze mit dem Covid-19-Impfstoff in der Hand

Bisher wurden 60.000 Menschen in Deutschland geimpft Foto: Sina Schuldt/dpa

Spahn: bisher 60.000 menschen geimpft

In den ersten drei Tagen seit dem offiziellen Start der Corona-Impfkampagne haben in Deutschland mehr als 60.000 Menschen die Immunisierung erhalten. Diese Zahl nannte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Mittwoch vor der Presse in Berlin. Die meisten Impfungen seien bislang in Pflegeheimen verabreicht worden, sagte er. Die Impfungen müssten nun „bestmöglich und schnellstmöglich“ fortgesetzt werden.

Der Minister räumte ein, dass es zum Start der Kampagne vereinzelt Probleme gegeben habe: „Ja, es ruckelt an der einen oder anderen Stelle“, sagte er. Insgesamt aber sei die „größte Impfkampagne in der Geschichte Deutschlands erfolgreich angelaufen“, sagte Spahn. „Diese Impfkampagne war und ist ein nationaler Kraftakt.“

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Spahn machte erneut klar, dass er kein baldiges Ende des gegenwärtigen Lockdowns erwarte – dafür seien die Infektionszahlen nach wie vor zu hoch. Er sehe nicht, „wie wir in dieser Situation zurückkehren können in den Modus vor dem Lockdown“, sagte er. Zur Dauer des Lockdown sagte er: „Lieber jetzt eine Woche zu lang als zu wenig.“

Der Minister mahnte die Bürger:innen eindringlich, an Silvester auf Kontakte zu verzichten. Jeder müsse wissen, „dass das Schließen im öffentlichen Bereich nur Sinn macht für uns alle, wenn wir auch im privaten Bereich die Kontakte reduzieren“. Deswegen sei „die Frage, was morgen passiert oder nicht passiert, ein ganz wichtiger Faktor im weiteren Verlauf“, sagte der Minister mit Blick auf den Silvestertag.

Großbritannien: Notfallzulassung für zweiten Impfstoff

In Großbritannien wird der Weg frei für einen zweiten Impfstoff gegen das Coronavirus. Die Kontrollbehörde für Medikamente und Gesundheitsprodukte ließ das Mittel des Herstellers Astrazeneca und der Universität Oxford per Notfallzulassung auf den Markt, wie die britische Regierung am Mittwoch mitteilte. Großbritannien wurde damit zum ersten Land weltweit, das dem verhältnismäßig leicht zu handhabenden Impfstoff grünes Licht gab. Die Hersteller haben die Hoffnung geäußert, dass das Mittel zum „Impfstoff für die Welt“ werden könne.

Der Chef von Astrazeneca, Pascal Soriot, bezeichnete den Tag als wichtig für „Millionen von Menschen im Vereinigten Königreich, die Zugang zu diesem neuen Impfstoff bekommen werden“. Es sei gezeigt worden, dass es wirksam, verträglich und einfach zu verabreichen sei. Zudem werde es von Astrazeneca ohne Gewinn geliefert. Anfang Dezember hatten die Briten bereits dem Impfstoff des deutschen Herstellers Biontech und seines US-Partners Pfizer eine Notfallzulassung erteilt.

Üblicherweise sind Coronavirus-Impfungen in zwei Dosen in einem Zeitraum von etwa drei Wochen verabreicht worden. Die britische Regierung will nun aber einen anderen Ansatz gehen: Das Astrazeneca-Mittel solle an so viele Menschen wie möglich mit einer einzigen Dosis ausgegeben werden, darauf liege die Priorität. Zuerst sollten jene mit dem größten Gesundheitsrisiko geimpft werden und jeder bekomme innerhalb von zwölf Wochen nach der ersten Impfung eine zweite.

Teilergebnisse von Studien an fast 24 000 Menschen in Großbritannien, Brasilien und Südafrika legen nahe, dass die Impfdosen sicher sind und eine Wirksamkeit von etwa 70 Prozent haben, eine Erkrankung durch eine Corona-Infektion zu verhindern. Das ist nicht so erfolgreich wie von anderen Herstellern entwickelte Impfstoffe, Soriot sagte aber jüngst in einem Interview mit der „Sunday Times“, er sei zuversichtlich, dass der Impfstoff genauso effektiv sei wie seine Konkurrenten.

Viele Länder dürften den Erwartungen nach auf den Impfstoff von Astrazeneca/Oxford setzen, da er wenig kostet und einfach zu lagern ist. Das Mittel kann in Kühlschränken aufbewahrt werden und benötigt nicht wie andere Lagerräume mit extremen Minustemperaturen. Das Unternehmen hat zudem einen Preis von 2,50 Dollar pro Dosis (2 Euro) angekündigt – bis Jahresende 2021 sollen bis zu drei Milliarden Dosen hergestellt sein.

Zum Vergleich: Ende November zeigten Verträge der US-Regierung mit den Herstellern Pfizer und Moderna, dass eine Dosis ihrer jeweiligen Impfstoffe zwischen 15 und 25 Dollar kosten sollte. (ap)

1.129 Tote in Deutschland

In Deutschland sind erstmals mehr als tausend Todesfälle innerhalb eines Tages infolge von Infektionen mit dem Coronavirus verzeichnet worden. Wie das Robert-Koch-Institut (RKI) am Mittwochmorgen unter Berufung auf Angaben der Gesundheitsämter mitteilte, wurden weitere 1.129 Todesfälle erfasst. Der bisherige Höchstwert lag bei 962 Verstorbenen binnen 24 Stunden und war am Mittwoch, 23. Dezember, registriert worden.

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Nach Angaben des Instituts wurden ferner 22.459 Neuinfektionen mit dem Coronavirus binnen 24 Stunden registriert. Die bisherigen täglichen Höchstwerte lagen bei mehr als 30.000 Fällen. Die Gesamtzahl der erfassten Coronatoten in Deutschland seit Beginn der Pandemie stieg laut den jüngsten Angaben des RKI auf 32.107.

Die sogenannte Sieben-Tages-Inzidenz betrug Mittwoch 141,3. Am Vortag hatte sie noch bei 149,2 gelegen. Die Sieben-Tage-Inzidenz zeigt die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner:innen über die vorangegangene Woche. Der Wert ist ein wesentlicher Maßstab für die Verhängung und Lockerung von Maßnahmen gegen die Ausbreitung des neuartigen Virus. Ziel der Bundesregierung ist es, die Inzidenz auf unter 50 zu drücken.

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Seit zwei Wochen gilt in ganz Deutschland ein harter Lockdown. Ein Großteil der Geschäfte ist geschlossen. Auch die Schulen und Kitas machten weitgehend dicht. Die Maßnahmen sind vorerst bis zum 10. Januar befristet. Voraussichtlich am 5. Januar wollen Bund und Länder über das weitere Vorgehen beraten. (afp)

Lockdown wird wohl verlängert

Die einschneidenden staatlichen Coronabeschränkungen müssen nach Einschätzung von Gesundheitsminister Jens Spahn auch nach Fristablauf am 10. Januar zumindest teilweise verlängert werden. Bei der Eindämmung der Pandemie sei Deutschland „bei weitem noch nicht da, wo wir hin müssen“, sagte der CDU-Politiker am Dienstagabend in den ARD-“Tagesthemen“. Deshalb werde es nach dem 10. Januar „ohne Zweifel Maßnahmen geben“. In welchem Umfang, müssten Bund und Länder bei ihrer geplanten Konferenz am kommenden Dienstag entscheiden.

Der verschärfte Lockdown mit strengen Kontaktbeschränkungen, der Schließung der meisten Geschäfte, Schulen und Kitas sowie der schon länger geltenden Schließung von Restaurants, Theatern, Museen und anderen Freizeiteinrichtungen gilt zunächst bis zum 10. Januar. Am 5. Januar wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsident:innen beraten, wie es anschließend weiter geht.

Zu den Problemen bei der Terminvergabe für die Corona-Impfung sagte Spahn, zu Beginn ließen sich Wartezeiten in den Telefonleitungen leider nicht vermeiden. Er könne nur um Verständnis und Geduld bitten. Da jedes Bundesland ein anderes System habe, herrsche „etwas föderales Durcheinander“. Spahn trat erneut dem Eindruck entgegen, der Rest der Welt habe ganz viel Impfstoff und Deutschland habe weniger. „Wir beginnen alle unter den Bedingungen der Knappheit“, sagte er.

Die Debatte, ob Coronageimpfte bestimmte Privilegien erhalten sollen, nannte Spahn „durchaus richtig und wichtig“, wie er bei „Bild live“ sagte. Der privat-gewerbliche Bereich habe in dieser Frage mehr Spielraum. Nach seinem juristischen Verständnis wäre etwa eine Pizzeria nur für Geimpfte „das, was möglich ist“.

Im öffentlichen Bereich und bei der Daseinsvorsorge, also etwa in Krankenhäusern, Rathäusern oder dem öffentlichen Nahverkehr, könne man aus seiner Sicht aber keinen Unterschied zwischen Geimpften und Nicht-Geimpften machen. Er fügte hinzu, dass unklar sei, ob Geimpfte weiterhin andere anstecken könnten. Das mache „einen ganz entscheidenden Unterschied“. Er empfehle, die Erkenntnisse dazu abzuwarten.

Ärztepräsident bei Impfungen optimistisch

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, rechnet damit, dass die Bereitschaft für eine Corona-Impfung in den kommenden Monaten steigt. „Für Geimpfte verliert die Pandemie ihren Schrecken, sie werden sich besser fühlen und entspannter sein. Das wird ansteckend sein, aber im positiven Sinne“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Für eine Herdenimmunität ist mindestens eine Impfquote zwischen 65 und 70 Prozent nötig.

Der Ärztepräsident riet dazu, die Abstands- und Hygienevorschriften in Kraft zu lassen. „Solange nicht jeder, der geimpft werden will, ein Vakzin bekommen kann, müssen weiter Schutzregeln eingehalten werden – auch von den Geimpften“, sagte er. Zwar sei die Wahrscheinlichkeit groß, dass Geimpfte nicht mehr ansteckend seien. Doch möglicherweise bestehe ein Restrisiko. „Hier müssen wir unbedingt weitere wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen.“

Wenn genügend Impfstoff zur Verfügung steht, dürfen Impfgegner:innen nach Ansicht von Reinhardt aber nicht mehr mit der Rücksichtnahme der Gesellschaft rechnen. „Sie müssen mit dem Risiko leben, unter Umständen auch schwer an Covid-19 zu erkranken. Sie können die Gesellschaft nicht in Geiselhaft nehmen“, sagte der Ärztepräsident.

Reinhardt forderte die Bundesregierung und Länderchefs überdies auf, bei der Entscheidung über eine Verlängerung des harten Lockdowns die Zielmarke von 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner:innen pro Woche zu überdenken. „Ob wir uns strikt an der Inzidenz von 50 orientieren, muss man mit Blick auf andere wichtige Faktoren, wie zum Beispiel die psychosozialen Folgen der Schulschließungen, genau abwägen“, sagte Reinhardt.

Flankierend zu den Impfungen seien bundesweit einheitliche Maßnahmen zur Kontaktminimierung gerade für ältere und vorerkrankte Menschen nötig, meinte er. „Warum ist es so schwer, deutschlandweit feste Senioren-Zeitfenster für Einkäufe im Einzelhandel zu schaffen oder spezielle Terminslots in öffentlichen Einrichtungen?“ Der Ärztepräsident forderte zudem nicht nur für Pflegeheime, sondern auch für pflegende Angehörige ausreichende Testmöglichkeiten und Schutzmaterial.

Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung appellierte an alle Pflegekräfte hierzulande, sich gegen Corona impfen zu lassen. Je mehr Menschen geimpft werden, desto weniger Wirte finde das Virus und die Ausbreitung werde eingedämmt, sagte Andreas Westerfellhaus der „Rheinischen Post“ (Mittwoch). „Und ich bin mir sicher, dass diese Einsicht auch die meisten Pflegekräfte haben und sich impfen lassen“, sagte er. In Alten- und Pflegeheimen sterben zurzeit sehr viele Menschen an oder mit Covid-19.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach wies darauf hin, dass Pflegepersonal auch zur Impfung gezwungen werden könnte – ohne sich diese Forderung allerdings zu eigen zu machen. „Mit dem Infektionsschutzgesetz gäbe es zwar eine rechtliche Grundlage dafür, dass Altenheime und Krankenhäuser ihr Personal zu einer Impfung zwingen. Aber die Bundesregierung hat versprochen, dass es keine Impfpflicht geben wird. Dabei wird es bleiben, und das ist auch richtig“, sagte Lauterbach der „Rheinischen Post“. (dpa)

Sinopharm-Impfstoff: 79%ige Wirksamkeit

Mit dem Pharmakonzern Sinopharm hat nun auch in China erstmals ein Hersteller Details zur Wirksamkeit seines Corona-Impfstoffes bekanntgegeben. Wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte, soll der Impfstoff einen annähernd 79-prozentigen Schutz vor Covid-19 (79,34 Prozent) bieten. Die Veröffentlichung der Daten ist ein wichtiger Schritt für die finale Zulassung des Impfstoffes, vom dem sich auch Staaten außerhalb Chinas bereits Dosen gesichert haben.

In China selbst gibt es neben Sinopharm mit Anhui Zhifei Longcom, CanSino, und Sinovac noch drei weitere Unternehmen, die sich in der Endphase der Impfstoff-Entwicklung befinden. Eine endgültige Zulassung im Inland wurde bisher noch keiner der Firmen erteilt.

China hatte das Ziel ausgegeben, bis Ende des Jahres 600 Millionen Dosen auf den Markt bringen zu können. Zuletzt war in Staatsmedien auch davon die Rede, bis Mitte Februar 50 Millionen Chinesen impfen zu wollen.

Bereits seit Monaten werden in China auch ohne finale Zulassung eingeschränkte Impfungen bestimmter Bevölkerungsgruppen – etwa von Militärangehörigen und Klinikpersonal, aber auch von Diplomaten und Angestellten von Staatskonzernen- durchgeführt.

Laut der am Mittwoch veröffentlichten Daten ist das chinesische Präparat weniger wirksam als die sogenannten mRNA-Impfstoffe von Pfizer/Biontech und Moderna, die nach Angaben der Hersteller über eine Wirksamkeit von 95 Prozent verfügen. (dpa)

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