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Airbus-GipfelDie Rendite zählt

Sarkozy schwenkt auf einen wirtschaftsliberalen Kurs: Frankreich möchte EADS zu einem ganz normalen Unternehmen machen.

Franzosen bei der Flugschau: der Airbus A 380-Vogel Bild: reuters

PARIS taz "Wir sind die fünfte Industriemacht", lautet ein Standardsatz in Frankreich. Im vergangenen Wahlkampf haben ihn PolitikerInnen von ganz rechts bis ganz links immer wieder und beschwörend gesagt. Und ihn mit dieser zweiten Versicherung garniert: "Ich werde die französische Industrie verteidigen. Und ich werde Industriepolitik machen - in Frankreich und Europa." Als Airbus-Beschäftigte gegen die Streichung von 10.000 Arbeitsplätzen in ihrem gut gehenden Konzern protestieren, versichert Nicolas Sarkozy ohne rot zu werden, er favorisiere eine Lösung, bei der der Staat Airbus Geld gebe, um die Standorte zu halten. Auf keinen Fall wollte er den Fehler von Lionel Jospin wiederholen. Der hatte als Regierungschef angesichts von Massenentlassungen in einem Privatunternehmen schulterzuckend erklärt: "Der Staat kann nicht alles." Jener Satz hat den Sozialdemokraten viele Stimmen kosten.

Inzwischen ist Sarkozy Staatspräsident. Und zeigt sich wieder so liberal, wie vor seinem Wahlkampf. Den Airbus-Mutterkonzern EADS möchte er in ein "normales Unternehmen" verwandeln, mit einer effizienten Führung ohne die bisherige deutsch-französische Doppelköpfigkeit. Der Konzern müsse sich an "Effizienz", "Wettbewerbsfähigkeit" und "Rendite" messen lassen. Notfalls ist Sarkozy auch zu einer Aufstockung des staatlichen Kapitals bei EADS bereit. Allerdings nur vorübergehend. "Sobald es einem Unternehmen gut geht, muss der Staat seine Aktien wieder abstoßen", lautet sein Credo.

Als Vorbild verweist Sarkozy auf den Konzern Alstom, den er als Finanzminister "gerettet" habe. Im Jahr 2004 hatte der französische Staat in Alstom investiert, um den Konzern vor seinem deutschen Rivalen Siemens zu bewahren. Zwei Jahre später waren mehr als 12.000 Arbeitsplätze bei Alstom gestrichen, der französische Staat stieß seine Beteiligung mit einem Gewinn von 1,2 Milliarden Euro wieder ab.

Der Pragmatismus von Sarkozy steht im Gegensatz zur traditionellen "Industriepolitik à la française". Ihre Kennzeichen: viel Interventionismus und ein Staat als Industriepatron. Ihren Höhepunkt erlebte sie bei der Befreiung im Jahr 1944, als zahlreiche Unternehmen, die mit den deutschen Besatzern kollaboriert hatten, verstaatlicht wurden. Und dann noch einmal 1981, als der frisch gewählte sozialistische Staatspräsident François Mitterrand vorübergehend eine Reihe von Unternehmen nationalisierte.

Heute lebt diese Politik vor allem im kollektiven Bewusstsein der Franzosen, sowie im Blick der anderen auf Frankreich weiter. Tatsächlich ist der öffentliche Sektor in Frankreich geschrumpft. Die Privatisierungswelle, unter der rot-rosa-grünen Regierung, war die radikalste. Unter anderem fiel ihr auch der französische Teil am europäischen Flugzeugkonzern Airbus zum Opfer. Nachdem in Deutschland Helmut Kohl schon Mitte der 80er-Jahre die staatlichen Anteile am Flugzeugbau an Daimler gegeben hatte, stieg in Frankreich Matra-Lagardère Ende der 90er in das Kapital ein. Nach dem Regierungswechsel von 2002 ging der Verkauf von Staatsbetrieben in Frankreich weiter. Von den 1.613 Unternehmen, die der französische Staat noch Ende 2002 kontrollierte, sind Ende 2005 noch 1.100 übrig. Die letzten Juwelen aus der französischen Staatsschatulle - darunter ein Teil der jetzt noch 87 Prozent staatlicher Beteiligung am Elektrikkonzern EDF und der 84 Prozent Staatsanteile am Atomkonzern Areva - gehen voraussichtlich unter Sarkozys Präsidentschaft an die Börse.

Das liberale Dogma hat sich auch im einst etatistischen Frankreich durchgesetzt. Selbst die großen Gewerkschaften widersprechen ihm nur noch punktuell. Fünf von ihnen haben jüngst zusammen mit dem Unternehmerverband Medef ein Arbeitspapier über die Industriepolitik vorgelegt. Darin schlagen die ungleichen PartnerInnen, von denen die einen (CGT) den Kapitalismus überwinden, und die anderen (Medef) verteidigen wollen, drei Säulen für die künftige Industriepolitik vor: "Erneuerung und Forschung", "Beschäftigung" und "Märkte". Als Ort für diese Politik haben die sechs SozialpartnerInnen allerdings die nationalen Grenzen längst hinter sich gelassen. Sie setzen auf die EU. Diese müsse "die industrielle Dimension in ihre Wirtschaftspolitik integrieren. Sie darf sich nicht allein über den Wettbewerb definieren."

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